Überlieferung: B überliefert insgesamt fünf Strophen im Ersten Philippston, drei davon finden sich auch in C. Dort ist allerdings Platz für insgesamt vier weitere Strophen gelassen, so dass angenommen werden kann, dass »C nicht nur von der Existenz der beiden in B stehenden Strophen wußte, sondern offensichtlich auch von zwei weiteren, die endgültig verloren sind« (Schweikle, S. 342). Da vor dem Beginn des Ersten Philippstons ebenfalls eine Lücke ist, erwägt Wa/Bei zudem den geplanten Nachtrag einer weiteren, fünften Strophe. Das muss freilich Spekulation bleiben. Die deckungsgleichen Strophen in B und C weisen kleinere Unterschiede auf, die jeweils einen eigenständigen Bearbeiterwillen erkennen lassen. Auch die Reihenfolge variiert. M3 überliefert unikal und ohne Autorzuschreibung eine weitere Strophe im Ersten Philippston (M3 Namenl 2); sie steht allerdings in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit den anderen Strophen des Ersten Philippstons und wird in der Forschung (aufgrund enger Verbindungen zu M3 Namenl 3) dem Tugendhaften Schreiber zugeordnet.
Form: .6a .6a .5-b / .6c .6c .5-b // .4d .6d .5-e / .4f .6f .5-e
Zwölfversige Stollenstrophe mit zweiteiligem Abgesang. Regelmäßige Auftakte. Wie für Walther üblich, ist der gedoppelte Abgesang durch Reime verbunden (vgl. Brunner, S. 31). Die Metrik ist insgesamt regelmäßig, doch finden sich viele dreisilbige Takte.
Der Erste Philippston gilt als einer der Höhepunkte von Walthers Spruchschaffen. In den stark politisch motivierten Strophen wechseln Herrscherlob und -schelte ab, wobei bei der Schelte immer wieder die milte als zentrale höfische Tugend im Zentrum steht. Aufgrund der engen wechselseitigen Bezüge zwischen den einzelnen Spruchstrophen des Tons wird in der Forschung auch von einer »Sangspruch-Pentade« (Halbach) gesprochen. Maurer geht davon aus, dass die Strophen des Ersten Philippstons zusammen entstanden sind (S. 23) – in diesem Falle ist von einer Gesamt-Datierung nach 1202 auszugehen. Für gewöhnlich werden die einzelnen Spruchstrophen aber stärker in das unmittelbare historische Umfeld des thematisierten Geschehens datiert (vgl. die einzelnen Spruchkommentare).
Björn Reich