Autor
Der Name Gottfrieds von Straßburg begegnet in mittelalterlichen Zeugnissen häufig. Meist wird Gottfried als meister betitelt, was auf nichtadlige Herkunft sowie gelehrte Bildung verweist. Es wird vermutet, dass Gottfried Verbindungen zum Straßburger Stadtpatriziat hatte. Ungefähre zeitliche Anhaltspunkte über sein Leben lassen sich aus dem ›Tristan‹ gewinnen (vgl. Zapf, Sp. 262f., und Huber, Sp. 330f.) und legen nahe, dass Gottfried um 1210/1220 gestorben ist. Der Autor des ›Tristan‹ beherrschte Latein und Französisch, er war in antiken Klassikern und zeitgenössischen Texten belesen, er bezieht sich auf die mittellateinische Poetik, hat juristische Kenntnisse und kennt sich mit Hofkünsten aus (vgl. Huber, Sp. 330).
Die Miniatur zu Meister Goetfrit von Strasburg in der Großen Heidelberger Liederhandschrift zeigt Gottfried als vorlesenden Magister, der zwischen fünf Männern und mit ihnen auf einer Ebene sitzt. Ihre Gesten und Körperausrichtung machen Gottfried zum Bildmittelpunkt (vgl. Walther, S. 246).
Überlieferung und Werk
Zu Gottfried von Straßburg, der im Mittelalter als Verfasser des ›Tristan‹ bekannt war, führen die Große und die Kleine Heidelberger Liederhandschrift je ein Liedkorpus. In A ist es ein Kleinstkorpus und besteht allein aus dem hier fünfstrophigen Minnelied A Gottf 1–5, das mit einer Zusatzstrophe auch das C-Korpus eröffnet. In C folgen auf das Minnelied zwei Spruchsänge: Den Marienpreis C Gottf 7–69 führen B und K₁ namenlos mit abweichendem Strophenbestand, während die Gesellschaftskritik über kint armuot (C Gottf 70–82) in C unikal überliefert ist.
Konrad von Würzburg verweist in der ›Goldenen Schmiede‹ im Rahmen einer Unfähigkeitsbeteuerung darauf, wie vorbildhaft Von Strâzburc meister Gotfrit (Goldene Schmiede, V. 97) von Maria gesungen hatte oder hätte – je nach Überlieferung –, was kaum für Autorschaftsdiskussionen fruchtbar gemacht werden kann (vgl. Krohn , S. 91; zu Konrads poetischem Selbstverständnis vgl. Köbele). Im Alexanderroman Rudolfs von Ems wird meister Gotfrit eine Spruchstrophe über das ›gläserne Glück‹ zugeschrieben, die unikal unter Ulrich von Liechtenstein überliefert ist (C Liecht 320).
Die Forschung erkennt Gottfried an lyrischem Schaffen im Allgemeinen keines der unter seinem Namen überlieferten Lieder zu – die Texte der Gottfried-Korpora werden jünger eingeschätzt (vgl. Kuhn, Sp. 156) –, sondern geht meist unter Berufung auf Rudolf davon aus, dass Gottfried nur Autor der genannten Strophe C Liecht 320 sowie einer weiteren im gleichen Ton unter Ulrich geführten Spruchstrophe ist (C Liecht 319).
Simone Leidinger