Autor
Der Name Reinmar der Videler (A, fol. 4v) bzw. Her Reinmar der Vidiller (C, fol. 312r) ist nur in den Liederhandschriften überliefert, historisch ist der Autor nicht nachzuweisen. Der Beinamen deutet auf einen Unterhaltungskünstler hin. Als Musikant, der zum Tanz aufspielt, wird Reinmar auch von der Miniatur der Großen Heidelberger Liederhandschrift (fol. 312r) dargestellt. Über die soziale Verortung des Autors lässt sich nichts Genaues sagen, zumal die einzigen, in der Korpusüberschrift des Codex Manesse gespeicherten Informationen – ›Herr‹ auf der einen, ›Musikant‹ auf der anderen Seite – einander widersprechen. Allerdings lassen der Heischegestus und die Kollegenschelte in den Sangsprüchen eher eine sozial randständige Position Reinmars vermuten, v. a. da der Herrentitel in C nicht wirklich belastbar ist.
Die Entstehung der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift um 1270 liefert als terminus ante quem den einzigen konkreten Anhaltspunkt für eine Datierung. Davon, die Erwähnung eines vertriebenen Königs in der ersten Strophe des Korpus auf ein historisches Ereignis zu beziehen, wird man heute Abstand nehmen.
Werk und Überlieferung
Die mit zwölf Strophen umfangreichste Sammlung von Reinmar-dem-Fiedler-Texten findet sich in der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift, die zwischen Reinmar (dem Alten) und Reinmar dem Jungen steht. Vier der zwölf Strophen (A Fiedler 7–10) werden von der Überlieferung sonst Reinmar (dem Alten) zugesprochen, der auch von der Forschung für ihren Autor gehalten wird. Die Namensgleichheit wird die Erklärung der irrigen Zuschreibung sein. Während es sich bei den vier doppelt zugeordneten Strophen um Minnesang handelt – wenn man A Fiedler 7 für sich nimmt, wirkt allerdings auch sie wie eine Sangspruchstrophe –, sind die übrigen acht Strophen Sangsprüche, deren Produktion für einen Unterhaltungskünstler auch wahrscheinlicher scheint.
Allerdings belegt auch die Spruchreihe A Fiedler 1–4 Reinmars gattungsübergreifende literarische Kenntnisse. Denn sie behandelt zwar das Thema ›Herrenlehre‹, verwendet dabei aber Tageliedmotive und einen Refrain. Die Strophe A Fiedler 5 kritisiert den Geizigen, A Fiedler 6 die Kreuzfahrer bzw. Ordensritter, die sich ihren Verpflichtungen zu entziehen suchen. Ob die beiden Strophen als tongleich aufzufassen sind, ist, geht man vom handschriftlich überlieferten Text aus, Ansichtssache. Die Strophe A Fiedler 11 bringt ein wohl ironisch gemeintes Lob Leutholds von Seven, dessen angebliche Kunstfertigkeit sie durch einen langen Katalog lyrischer Gattungen illustriert, die dieser angeblich alle beherrsche. Die Strophe ist wegen der Gattungsbegriffe viel beachtet worden. Ins Gebiet der Theologie schließlich fällt die tongleiche Strophe A Fiedler 12, die die typologische Beziehung zwischen Eva und Maria entfaltet. Die große Heidelberger Liederhandschrift bewahrt die erste Hälfte dieser Reinmar-der-Fiedler-Sammlung in nahezu textgleicher Gestalt. An der Verfasserschaft Reinmars von A 11 und 12 ist verschiedentlich gezweifelt worden, ohne dass jedoch ein schlagender Grund beigebracht worden ist.
Manuel Braun