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Walther von der Vogelweide, ›Vil suͦze, were minne‹ (A 46 47 48 49) Lied vorDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Das vierstro­phige Lied ist in A und C mit gleicher Reihung und identischem Strophen- und Textbestand überliefert. In beiden Hs. finden sich kleinere Fehler. In A ist das Lied vor dem thematisch ähnlichen ›Palästinalied‹ eingeordnet.

Form: 3-a 3-a 3-a 3b / 3-c 3-c 3-c 3b // 3-d 3-d 3-d 3e / 3-f 3-f 3-f 3e / 3-g 3-g 3-g 3e

Kanzonenstrophe mit dreistolligem Abgesang. An drei Viertakter mit weiblicher Kadenz schließt sich jeweils ein männlicher Dreitakter. Diese reimen sich wiederum aufeinander.

Möglicherweise ist der in fünf Meistersinger-Hss. überlieferte und Walther zugeschriebene ›Creutz Ton‹ zu diesem Lied gehörig; die Versuche, ihn auf das Lied zu übertragen, führen allerdings zu metrischen Schwierigkeiten (vgl. Brunner, S. 59–65, 68f. u. 92).

Inhalt: Kreuzlied.

Das Lied stellt einen Aufruf zum Kreuzzug dar. Jede Strophe enthält eine Art Anrufung/Beistandsversicherung, wobei die Adressaten wechseln: Ist es in Strophe I noch die suͤsse, were minne (also die göttliche Liebe) und Gott in seiner Dreieinigkeit, wird in Strophe II Maria, die künegin ob allen frouwen (II,9), um Hilfe angefleht. Strophe IV richtet sich explizit an Christus (IV,16).

Strophe I beginnt als eine Bitte um die Geistsendung, in Strophe II wird der Opfertod Christi und das Erlösungswerk bedacht, am Ende aber auch schon auf das kommende Gericht, das dann im Zentrum von Strophe III steht, hingewiesen. Strophe IV mündet  schließlich in einer immer deutlicheren Aufforderung zum Kreuzzug. Die Strophe schließt – wenn die etwas dunkle Stelle richtig gedeutet wird – mit der Ermahnung, sich nicht auf Verträge und Unterhandlungen mit den Heiden einzulassen. Auffällig ist die starke Bildlichkeit, wann immer es um die Notlage des heiligen Landes geht, das als helfelos unde eine (IV,10) personifiziert wird – so entsteht der Eindruck großer Dringlichkeit.

Insgesamt handelt es sich weder um eine Art Hymnus wie beim ›Palästinalied‹ noch um einen schlichten Werbeaufruf, sondern um ein hochartifizielles Lied, das durch einen bisweilen recht dunklen (in der Forschung teils auch als manieristisch bezeichneten) Stil geprägt wird. Grund dafür sind u. a. die zahlreichen Hapax legomena und die bildreiche Sprache.

Björn Reich

Kommentar veröffentlicht am 11.01.2024; zuletzt geändert am 13.01.2024.
Gehört zu den Anthologien:
 A Wa 46 = L 76,22Zitieren
Digitalisat
Kleine Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, UB, cpg 357), fol. 7v
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 I
 
 A Wa 47 = L 77,4Zitieren
Digitalisat
Kleine Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, UB, cpg 357), fol. 8r
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 II
 
 A Wa 48 = L 77,24Zitieren
Digitalisat
Kleine Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, UB, cpg 357), fol. 8r
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 III
 
 A Wa 49 = L 78,4Zitieren
Digitalisat
Kleine Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, UB, cpg 357), fol. 8r
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 IV
 
 
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