LDM -- Strophensynopse

[Frauenlob (Heinrich von Meißen)], ›Auß hoher abentewer ein su̍sse wirdigkeit‹

f *Frl/65v 11

I	f *Frl/65v 11 = KLD 65 I 1

Überlieferung: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Quart 564 , fol. 67r

[rub Aber ein a{nn|n}der w{ei|î}{ß|s} rub]/

{[ini [om A om]|1|]#v|Û}{ß|z} h{o|ô}her {a|â}{b|v}ent{ew|iu}{r#r|re} ein #s{u^i|üe}{#s#s|z}e w{i|e}rd{i|e}{g|c}{k|h}eit [[3 i¬ûz hôher âventiure~i ›durch hohe Fügung‹ (LsM, S. 361).]]

h{a|â}t / %m{y|i}nne _|an_ mir z{u|uo} _t|l_{i|ie}{ch|h}te {p|b}r{a|â}{ch|h}t [[1=, Konjekturen nach C und f(81v)]] –

ich #s{eu|iu}f{tz|t} {au|û}{ß|z} her{tz|z}{n#n|e}/liebe, {w|sw}enn ich geden{ck|k}e dar: /

%D{o|ô} #sie mir ga{b|p} #s{o|ô} m{y|i}nn{i|e}{g|c}l{ei|î}che arbeit,

als ich / in w{u^i|ü}_|n_#s_t|ch_en [[1=, nach C und f(81r)]] h{a^i|â}t ged{a|â}{ch|h}t, [[3 Gemeinsames Satzglied einer Konstruktion Apokoinu.]]

ein zartes w{ey|î}p ich {y|i}mer / lobe zw{a|â}r, /

%#Vnd alle{s|z} %#Jr in liebe vor be#st{ee|ê}·.

#sie ga{b|p} in gr{o|ô}{#s#s|z} / liebe _newr#|mi_r [[1=, nach C und f(81r)]] ein r{ei|î}che{s|z} w{ee|ê};

da{s|z} m{u|uo}{ß|z} ich tragn#n {y|i}mer // m{e|ê}·,

ich enr{u|uo}ch, wem e{s|z} z{u|uo}>>her{tz|z}n#n g{ee|ê}. /

f *Frl/65v 12

II	f *Frl/65v 12 = KLD 65 I 2

Überlieferung: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Quart 564 , fol. 67v

Mich {p|b}at m{ei|î}n m{u|uo}t, da{s|z} ich der liebn#n k{u^i|ü}nde nam. /

#s{o|ô} wol #vnd wol %#Jr {y|i}mer m{e|ê}_r|_!

m{ei|î}n #uoll{e|iu} gir, m{ei|î}n / {eu^i|öu}gel<<w{ey|ei}de #vnd m{ei|î}n h{ay|ei}l – /

%D{o|ô} #sie mir durch m{ei|î}n {au|ou}ge#n in da{s|z} her{tz|z}e kam,

d{o|ô} / m{u|uo}#st ich werben {p|b}a{ß|z} de#nn {ee|ê}·

gegen der #uil {c|k}l{a|â}ren / l_a|{o|ô}__#s#s|s_en [[1=, vgl. C und f(81r)]] al#s{o|ô} langen ein>>t{ai|ei}l. / [[3 i¬lôs~i Adj. ›anmutig‹ (Le I, Sp. 1956).]]

%Her{tz|z}e #vnd #s{y|i}nne {p|b}{o|ô}t ich %#Jr z{u|e} d{i|ie}n#ste hin·,

a{ll|l} / m{ei|î}n#er fr{eu|öu}den #vr#sprin{ck|c}· #vnd ein anbeg{y|i}{nn|n}.

#sie ga{b|p} / mir, des ich {y|i}m#er {p|b}in·

fr_aw|{o|ô}_ – #vnd i#st doch m{ei|î}n _|un_gewin. [[1=, Konjekturen nach C und f(81r)]] /

f *Frl/65v 13

III

III	f *Frl/65v 13 = KLD 65 I 3

Überlieferung: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Quart 564 , fol. 67v

Re{ch|h}t als ein r{o|ô}#se, die #sich {au|û}{ß|z} der {c|k}l{au|ô}#sen [del h del]· l{a|â}t,

{w|sw}e#nn / #sie des #s{u^i|üe}{#s#s|z}en t{aw|ouw}es gert·,

#s{o|ô} {p|b}{o|ô}t #sie mir %#Jr zucker/#s{u^i|üe}{#s#s|z}en r{o|ô}ten munt. /

%{W|Sw}a{s|z} {y|i}e kein man der werlte wunn enpfange#n h{a|â}t, /

da{s|z} i#st en{t|}wi{ch|h}t: ich was gewert [[3 i¬entwicht = enwiht~i, Nbf. zu i¬niwiht~i ›nichts‹ (Le II, Sp. 97).]]

#s{o|ô} h{i|e}l{ff|f}e<<{p|b}ernde_r|s_ tr{o|ô}#st_|es_ [[1=, Konjekturen nach C und f(81r)]] / †{au|ou}ch mir† in lieber #stun{dt|t}! / [[3 Der Vers ist verderbt, vgl. die Parallelüberlieferung in C.]]

%Kein m{u|uo}t _i|e_{#s|z}_t|_ [[1=, mit C und f(81r)]]n{y|i}#mmer mer durchden{ck|k}et noch #uol<<#saget, /

wa{s|z} lebendes tr{o|ô}#stes _neur#r|mir_ [[1=, mit C und f(81r)]] was an %#Jr gun#st betaget. / [[3 i¬betagen~i swV. (im Passiv, mit Dat. der Pers.) ›in Erscheinung treten, vor Augen geführt werden‹ (MWB I, Sp. 698).]]

mir l{ey|ei}de liebe wart be#iaget·:

da{s|z} l{ay|ei}t was fr_aw|{o|ô}_, [[1=, mit C und f(81r)]] / d{ie|iu} liebe {c|k}laget. /

f *Frl/65v 14

IV	f *Frl/65v 14 = KLD 65 I 4

Überlieferung: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Quart 564 , fol. 67v

D{ie|iu} %m{y|i}nne ma{g|c} †n{ew|iuw}r#r† #str{a|â}{ff|f}en r{u|uo}mes [del gar del] – zw{a|â}r / endar{ff|f}.

{w|sw}ie gar ich #vm{b|be}fangen het

%#Jren {c|k}l{a|â}ren, zarte#n, / #s{u|üe}{#s#s|z}e_|n_,>>l{o|ô}#sen, [[1=, nach C und f(81r)]] reine_m|n_ l{ey|î}p, / [[3 i¬lôs~i Adj. ›anmutig‹ (Le I, Sp. 1956).]]

%Nie #stunt m{ei|î}n wille g{e|ê}n %#Jrer k{eu^i|iu}#sche #sich entwar{ff|f}. / [[3 i¬sich entwerfen~i stV. ›sich formen, Gestalt annehmen‹ (MWB I, Sp. 1749).]]

in m{ei|î}n her{tz|z}e _|sich_ tet [[1=, ergänzt nach C und f(81r)]]

in gan{tz|z}er liebe da{s|z} #uil m{y|i}nn{i|e}{g|c}l{ei|î}che / w{ey|î}p. /

%M{ei|î}n wille was den {au|ou}gen #vnd dem her{tz|z}n#n l{ai|ei}t, /

%De_in|m_ l_ie|{ei|î}_be zorn#n, [[1=, Konjekturen nach C und f(81r)]] da{s|z} ich #s_ie|{o|ô}_ tr{aw|û}te_|n_ we{ch|h}#sel m{ay|ei}t. [[1=, Konjekturen nach C]] /

d{ie|iu} gan{tz|z}e liebe da{s|z} be{#sch|s}n{ay|ei}t· [[3 i¬besnîden~i stV., hier im Sinne von ›verhindern‹ (vgl. MWB I, Sp. 666).]]

#vnd mich %#Jr k{eu|iu}#sche / #Zw{i|e}rd{i|e}{g|c}{k|h}eit. // [[3 i¬mich~i ist wahrscheinlich verlesenes i¬auch~i (vgl. die Parallelüberlieferung). Der Vers ergibt jedoch auch ohne Konjektur Sinn: ›Die wahre Liebe hat das ver- und mich der hohe Wert ihrer Keuschheit behindert‹.]]

Kommentar

Überlieferung: im Autorkorpus Wenzels von Böhmen in C sowie zweimal – davon das erste Mal mit lediglich vier Strophen – in f (vgl. den Kommentar zur Überlieferung).

Form: .6a .4b .6c / .6a .4b .6c // .6d .6d .4d .4d.

C III,1 lies Reht als ein rose (vgl. die Parallelüberlieferung).

Inhalt: Lied der Hohen Minne, das die paradoxe Grundstruktur des Konzepts zum Motiv der enthaltsamen Liebesnacht (dazu Wachinger, S. 141) zuspitzt: Erst im Verzicht auf den Vollzug der Liebesvereinigung (IV,2–6; V,3) zeige sich die ganze liebe (C IV,9) in ihrer elementaren »Einheit von Lust und Leid« (Wachinger, S. 817, vgl. I,8; II,9f.; III,9f.). Eine solche »Glorifizierung des Tatverzichts als Leistung« (Behr, S. 242) bestimmt auch die Frauenpreis-Elemente des Liedes: Im Lob der Minnepartnerin (I,6; II,3; III,1–3; IV,3) reflektiert das Ich zugleich die Risiken seines ruͤmens (I,6f.; IV,1, dazu ebd. S. 242f.) und rechtfertigt das Ende des Sangs vor lieber liebe (C V,7).

Intertext: Deutliche Übereinstimmungen in den Formulierungen finden sich in einer Strophe Wizlavs von Rügen (dazu von Kraus, S. 634); den Ton des Liedes übernimmt Albertus Munsterbergen in einer lateinischen ›cantio‹ in melodia auz hoher aventewer (Wachinger, Sp. 866).

Stephanie Seidl