Überlieferung: Die sog. ›Magdeburger Weihnacht‹ ist in B und C überliefert. In B ist dies die erste Spruchstrophe im Ersten Philippston, gefolgt vom sog. ›Kronenspruch‹, in C ist die Reihenfolge – den historischen Geschehnissen gemäß – umgekehrt.
Form: .6a .6a .5-b / .6c .6c .5-b // .4d .6d .5-e / .4f .6f .5-e (Walther von der Vogelweide, Erster Philippston), siehe Tonkommentar.
Inhalt: Die Spruchstrophe thematisiert die Festkrönung Philipps von Schwaben in Magdeburg an Weihnachten im Jahr 1199. Da sie allerdings konsequent im Präteritum verfasst ist, dürfte sie nicht für die Krönung selbst, sondern erst danach entstanden sein. Aufgrund der engen Bezüge zum tongleichen ›Kronenspruch‹ liegt eine zeitnahe Datierung allerdings nahe.
Die Krönung sollte Philipps Legitimation gegenüber Otto von Braunschweig hervorheben. Walther betont die Anwesenheit der auch im ›Kronenspruch‹ als zentrale Legitimationsmittel geltenden Reichsinsignien: des riches zepter unde die krone (V. 6), wobei sich in B das schwer deutbare Wort zetmen findet. Auch genealogische Argumente führt Walther für Philipp ins Feld und verweist auf dessen kaiserliche Abstammung (V. 4). Mit dem keisers bruͦder ist Heinrich VI. (1165–1197) gemeint, mit dem kaisers kint (V. 4) auf die Vaterschaft Friedrichs I. Barbarossa angespielt (in C wird die dort erwähnte Dreizahl wohl durch Philipp selbst komplettiert). Bei den in V. 11 genannten Du̍ringen unde [] Sahsen handelt es sich möglicherweise um Bernhard von Sachsen, der bei der Festprozession den Schwertträgerdienst versah (bzw. um Dietrich von Meißen; so Kasten, S. 1000), und um Landgraf Hermann von Thüringen. Letzterer war wohl ebenfalls an der Prozession beteiligt (vgl. Nellmann, S. 64), wenn er sich auch erst im Sommer 1199 zu Philipp bekannte.
Sehr deutlich wird eine gleichsam religiöse Sendung Philipps inszeniert, in dem das ganze Krönungsgeschehen in Bezug zur Weihnachtsgeschichte gesetzt wird. Philipp erscheint als imago dei, in C wird er gar trinitarisch überhöht (swie doch die namen drige sint, V. 5). Seine Gemahlin Irene wird durch die beigegebenen Epitheta rose âne dorn, ein tube sunder gallen (V. 9) als Abbild der Jungfrau Maria (deren Namen sie auch angenommen hatte) inszeniert. Mit den im Schlussvers erwähnten wisen verweist Walther vielleicht nicht nur auf die bei der Krönung anwesenden Fürsten, sondern möglicherweise auch – so etwa Wapnewski – auf die heiligen drei Könige, die Weisen aus dem Morgenland (dagegen allerdings Nellmann). Sieht man den Spruch in Verbindung mit dem ›Kronenspruch‹, folgen diese drei Könige dem Christusstern, ebenso wie die Fürsten nun dem Waisen als ihrem laitesterne folgen sollen.
Ein signifikanter Unterschied beider Handschriften findet sich im letzten Vers, wo in B muͦste, in C hingegen der Konjunktiv muͤste steht.
Björn Reich