Überlieferung: Das Lied ist in zwei Varianten mit unterschiedlicher Strophenreihenfolge überliefert. EO1Sf bilden eine Überlieferungsgruppe, wobei S nur die erste Strophe überliefert. In O1 fehlt aufgrund von Blattverlust die erste Strophe, sodass hier keine Abweichung von der fünfstrophigen Ef-Fassung im eigentlichen Sinne vorliegt. In AC als zweiter Gruppe fehlt Ef IV/O III. Die beiden Hss. weisen außerdem in A IV/C II einen gemeinsamen, von ESf divergierenden Wortlaut auf, der ihre Überlieferungszusammengehörigkeit ungeachtet der jeweils anderen Strophenreihenfolge anzeigt. In der Forschung wurde diskutiert, ob und wie C Wa 244–247 und das Folgelied C Wa 248f. als Einheit zu betrachten sind, ausgehend vom Befund, dass Strophenanfänge dieselbe Initialfarbe aufweisen (vgl. den Kommentar zu C Wa 244–249).
Diverse lexikalische Varianzen in den verschiedenen Hss. ändern den Sinn zum Teil geringfügig, zum Teil stark (vgl. Chinca, S. 413f.).
Nicht wenige Ausgaben bieten das Lied mit einer Langzeile in V. 6f. Alle Hss. außer C setzen jedoch Reimpunkte bzw. Virgeln zwischen V. 6 und 7, wenn auch nicht konsequent; S bietet V. 6 und 7 voneinander abgesetzt.
Form: 4-a 6b / 4-a 6b // 4c 5*6-x 6c
Hebungsprall ist sehr häufig anzunehmen. Beschwerte Hebung ist für E III,4 (laz) sowie f V,4 (únwìrdigkéit) anzusetzen. E IV,6 und A I,7 weisen einen zweisilbigen Auftakt auf, möchte man keine überfüllten Verse oder in A I,7 gespaltene Senkungen (von der/uns so) annehmen.
Unterfüllt sind A III,2; C III,2, IV,6; E I,7/f I,7; E II,6, V,6; f II,7; O1 I,2/7; S V. 4. Überfüllt sind A I,1, II,4; C I,4, IV,1/7. Eine Elision ist in O1 I,5/f II,5 (sol sie aber > sols aber) anzusetzen, nimmt man nicht einen überfüllten Vers an.
A IV, C II, E I und S V. 3 bieten in V. 6 anstatt einer Waise einen weiteren a-Reim.
Inhalt: Minnelied. In ESf beginnt das Lied mit der an das Publikum gerichteten Frage des Sänger-Ich nach einer Minnedefinition. Auch wenn es schon etwas darüber weiß, würde es gerne mehr über die Gründe erfahren, warum Minne schmerzt. Geboten wird eine eigene Definition (›Minne muss gut tun‹), gefolgt von einem artikulierten Definitionsdefizit, keinen Namen für leidbringende Minne zu finden. In Str. II (ab hier auch O1) fordert das Sänger-Ich die Rezipierenden zur Affirmation seiner Minnedefinition auf und bietet eine weitere Spezifizierung: Liebe ist geteilte Freude der Liebenden; eine Person allein kann sie nicht tragen. Das Sänger-Ich apostrophiert dann die Dame mit der Bitte um Hilfe. Diese wird in Str. III fortgeführt, ergänzt um die Frage, ob das Sänger-Ich unwürdig sei. In diesem Falle verspricht es, die Werbung einzustellen, und stellt der Dame drohend vor Augen, dass sie niemand besser loben werde. Entsprechend will das Sänger-Ich stets so singen, dass es die Bewunderung der Gesellschaft erhält (Str. IV). Die Dame dankt dies nicht, was das Sänger-Ich ihr ankreidet (oder nicht verübelt; vgl. E IV: verwizzen). Dem Wunsch der Gesellschaft, die derart besungene Dame möge selig werden, schließt sich das Sänger-Ich dennoch an. Str. V wartet mit diversen rhetorischen Fragen auf, ob und wie die Dame Leid verursacht und Missachtung ausdrückt. Die Antwort besteht – je nach Verständnis von V,5 – darin, einen ungebührlichen Blick auf die Dame erhaschen, nicht richtig sehen oder seinen Augen nicht trauen zu können, ergänzt jedoch durch eine zweifelnde Frage aufgrund der Erkenntnis, dass ein von Minne Geblendeter nicht richtig sehen kann.
Hinsichtlich der Strophenreihenfolge in C legt u. a. Knape detailliert die Kohärenz, Logik und den Sinnzusammenhang der alternativen Anordnung dar: Aufgrund des Beginns mit der Fragenkette (C I) und deren Weiterführung in der zweiten Strophe (C II) werden die rhetorischen Fragen kumuliert, die das klassische Minneideal als Problem des Liebenden präsentieren, gefolgt von einem alternativen Minnekonzept als Lösung in C III und dessen praktischer Anwendung in der Hinwendung zur konkreten Dame (C IV).
In A bilden die Apostrophe der Frau und die Drohung, den Minnedienst aufzugeben, den Auftakt (A I), worauf die Reihung rhetorischer Fragen folgt (A II). Nach der Apostrophe des Publikums (A III) endet A mit der Minnedefinition (A IV) als Fazit (die Kohärenz der Strophenabfolge zeigen auch Ehlert, S. 151–170, Schuchert, S. 215–218 und Steinmetz, S. 434f., anders Scholz, S. 219). Steinmetz ordnet auf Basis nuancierter Analysen die verschiedenen Liedlogiken unterschiedlichen Liedtypen (Werbelied, Minneklage) zu.
Deutlichere intertextuelle Bezüge bestehen zu C Wa 175–178 et al. (Begriff unmaere, Motive des Grüßens, des Tragens, des Herzens, Minnedefinition), in E Wa 66 begegnet außerdem die Phrase so denne daz (vgl. Nolte, S. 225f.; Steinmetz, S. 339f.).
Michael Lebzelter
A Wa 13 = L 69,1Zitieren | |||
Kleine Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, UB, cpg 357), fol. 6r | |||
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