Autor
Der Dichter gilt als Angehöriger des Thurgauer Freiherren-Geschlechtes von Warte mit Stammsitz am Fluss Töss bei Neftenbach, wobei zwischen 1242 und 1331 drei Träger des Namens urkundlich belegt sind: Jakob I., Jakob II. und Jakob III. Wer von ihnen der Dichter war, ist letztendlich nicht zu entscheiden, wobei sich die Forschung mehrheitlich für Jakob III. ausspricht, so etwa Bartsch, SM, S. CXLVf., und Schiendorfer. Jakob III. war der Bruder des Rudolf von Warte, welcher 1309 als Mörder von König Albrecht I. hingerichtet wurde. Er besaß die Bürgerrechte Zürichs und stand wahrscheinlich dem Kreis um Manesse nahe. Zu ihm vgl. z. B. Jahn, Sp. 628, sowie Schweikle.
Überlieferung und Werk
Unter Her Jacob vō Warte (rubrizierte Bildüberschrift auf fol. 46v) überliefert der Codex Manesse unikal 26 Strophen, zusammengefasst zu sechs Liedern. Geschrieben von Schreiber BS bildet das Nachtragskorpus das Ende von Lage IV sowie den Anfang von Lage V (vgl. Henkes-Zin, S. 17, 33).
Die Miniatur, angefertigt vom Nachtragsmaler N I, zeigt den Dichter als grauhaarigen älteren Mann nackt in einem mit Rosen bedeckten Bad, während vier Frauen um den hölzernen Badezuber herumstehen und ihn bedienen: Die hintere ist gerade dabei, ihm einen Kranz auf das Haupt zu setzen; die rechts stehende überreicht ihm einen Kelch; vorne links kniet eine Frau, die ihn zu massieren scheint. Die vierte Frau, vorne rechts kniend, ist durch die kleinere Darstellung als Dienerin markiert und facht das Feuer eines Kessels an. Die Szene, die eventuell die Tradition des Maibads aufgreift (vgl. Martin, S. 14), spielt auf einer Blumenwiese unter einem Lindenbaum, in dessen Krone nicht nur zwei Vögel zu sehen sind, sondern auch ein schräg-gevierteltes, silber-blaues Wappen mit Damaszierungen, das als Variante mit dem in der Zürcher Wappenrolle belegten Wappen des Thurgauer Freiherren-Geschlechts übereinstimmt (dort unten links auf fol. 2v) (vgl. zu den Varianten des Wappens Schiendorfer, S. 90), sowie ein Helm mit gleichfarbigem Helmschmuck. Originell ist der Haken am oberen Bildrand, an dem der Schild zu hängen scheint.
Walther, S. 41, sieht Parallelen des Bildes zu Kalenderbildern des Monats Mai und vermutet einen Bezug zu der Naturmotivik mehrerer Lieder (s. u.); auch das dargestellte hohe Alter des Dichters erklärt er als Textreferenz (vgl. C Warte 23, V. 7). Frühmorgen-Voss, S. 203, vermutet ferner, dass eventuell der Name des Dichters den Bildtypus assoziiert hat: »Jakob von Warte, dem aufgewartet wird«. Schiendorfer betont den engen Zusammenhang der »Bildergruppe Warte/Rost/Teschler« (S. 414) und vermutet, dass der Nachtragsmaler N I die drei Zürcher Zeitgenossen persönlich kannte: »Der ungeniert neckische Umgang mit diesen Vetretern der lokalen Elite wäre dem Maler N I nie und nimmer möglich gewesen, wenn ihm die Betroffenen dazu nicht selber grünes Licht signalisiert und gute Miene zum bösen Spiel gemacht hätten« (Schiendorfer, Kap. Teschler).
Die Lieder greifen auf traditionelle Minnetopoi zurück. Die ersten vier Lieder, je zusammengesetzt aus fünf Stollenstrophen, verbinden die Minneklage mit einem Natureingang: In C Warte 1–5 steht das Minneleid des Sprechers den Frühlingsfreuden gegenüber; in C Warte 6–10 sowie C Warte 16–20 stehen die Minnequalen parallel zum Freude raubenden Winter; C Warte 11–15 verbindet die freudebringende Frühlingszeit mit der Hoffnung auf einen Lohn durch die Geliebte. Die letzten beiden Lieder sind dreistrophige Kanzonen, wobei die Minneklage C Warte 21 22 23 mehrfach variierend das Motiv des Herzens aufruft; C Warte 24 25 26 schließlich ist ein Tagelied, das mit einer Wächterstrophe einsetzt, auf die ein Frau-Wächter-Dialog folgt, woran sich mit einem Frau-Ritter-Dialog eine hoffnungsvolle Ankündigung weiterer Freuden anschließt. Mehrfach wird in den Liedern exklamierend Frau Minne angerufen, oft am Liedende: Der Sprecher macht sie für sein Leid verantwortlich und bittet sie um Hilfe (s. C Warte 5, C Warte 9, C Warte 12, C Warte 20, C Warte 23).
Sandra Hofert