Der Sängername Der Schuͦlmeister von Esselingen (C, fol. 293r) wie auch die zugehörige Miniatur ermöglichen keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine historische Person. Möglich wäre, dass es sich bei dem Dichter um jenen Schulrektor aus Esslingen am Neckar handelt, der dort zwischen 1279 und 1281 als Henricus rector scholarum seu doctor puerorum bezeugt ist (vgl. etwa von der Hagen, IV, S. 448; Walther, S. 197). Das literarische Werk des Schulmeisters ist aufgrund seiner Bezugnahmen auf Rudolf I. von Habsburg in das letzte Drittel des 13. Jahrhunderts zu datieren – dies ließe sich mit Heinrich von Esslingen durchaus vereinbaren. Gegen ihn bzw. gegen das schwäbische Esslingen als Herkunftsort des Autors spricht jedoch, dass dieses als Reichsstadt dem König gegenüber positiv eingestellt war, während die Schulmeister-Strophen ihn ganz offen verhöhnen (s. zusammenfassend Peters, S. 285f.; Bertelsmeier-Kierst, S. 187). Als Alternative wurde deshalb Esslingen bei Zürich ins Spiel gebracht – gerade ab den 1270er Jahren herrschte dort aufgrund der aggressiven Expansionspolitik Rudolfs »schlechte Stimmung gegen den König« (dazu Bleck, S. 94–101, Zitat S. 96). Eine Identifizierung des Dichters mit einem von dort stammenden Schulmeister ist jedoch bis jetzt nicht gelungen.
Der Codex Manesse tradiert, als Nachtragskorpus des Schreibers ES (vgl. Henkes-Zin, S. 18, 33), auf fol. 293r/v 10 Sangspruch- sowie sechs Minnesangstrophen. Letztere treten zu zwei Liedern zusammen, die auf innovative und sprachlich anspruchsvolle Weise Elemente der Minneklage mit solchen des Frauenpreises kombinieren und jeweils einen sommerlichen Natureingang aufweisen (dazu Huber, S. 625). Die Sangspruchstrophen gehören zu fünf Tönen; mit Ausnahme von Ton I sind alle von anderen Autoren entlehnt (nämlich vom Marner, von Reinmar von Brennenberg und von Walther von der Vogelweide, s. dazu RSM, V, S. 364). Dominantes Thema der Sangspruchdichtung des Schulmeisters von Esslingen ist (in acht von zehn Fällen) die Kritik und Schelte König Rudolfs I. von Habsburg; dazu gesellen sich (in C Schulm 8) eine minneparodistische Alters- sowie eine recht allgemein gehaltene Zeitklage (C Schulm 6). Letztere ist als Eingangsstrophe eines Dreierbars auch in der Kolmarer Liederhandschrift erhalten (k Wa/GespaltW 7–9). Auffallend an der Überlieferung der Sangsprüche ist, dass diese, entgegen der üblichen Organisationsprinzipien der Handschrift, nicht durchgängig nach Tönen geordnet sind. Vielmehr scheint die Abfolge der Strophen ihren thematischen bzw. darstellungsstrategischen Charakteristika geschuldet zu sein: Die ersten vier Sangsprüche inszenieren jeweils eine Konfliktsituation zwischen Rudolf und Gott (vgl. dazu die Kommentare zu C Schulm 1, C Schulm 2, C Schulm 3f.; zum inhaltl. Konnex dieser Strophen s. RSM, V, S. 365), die letzten vier sind durch ihre ausgeprägte (und teils nur schwer zu entschlüsselnde) Bildhaftigkeit verbunden (vgl. C Schulm 7, C Schulm 8, C Schulm 9, C Schulm 10).
Stephanie Seidl
Überlieferung: A überliefert fünf, B acht (davon unikal: B Wa 29), C 14 (davon unikal: C Wa 313, C Wa 315, C Wa 316, C Wa 318, C Wa 320) und Z zehn (davon unikal: Z Wa 21, Z Wa 26) Strophen unter Walther von der Vogelweide. Darüber hinaus gibt es in wenigen Fällen auch Zuschreibungsdivergenzen: Zwei Str. sind neben Walther auch unter Ulrich von Singenberg überliefert (C Singenb 64 = B Wa 31; A Singenb 109 = C Wa 324) und A Singenb 110 ist (mit A Singenb 109 zu einem Bar verbunden) unikal im Ulrich-Korpus überliefert. Hinzu kommen die namenlos überlieferten Str. in W2 (W2 Namenl 2; W2 Namenl 3; W2 Namenl 4) sowie zwei Strophenbare in k (k Wa/GespaltW 1 2 3; k Wa/GespaltW 4 5 6), von denen das erste das Tonkorpus eröffnet.
Die Tonreihe in A ist durch eine tonfremde Str. im Unmutston (A Wa 77) unterbrochen, in B ebenfalls durch Unmutston-Str. (B Wa 32 und B Wa 33). Die Reihe in C ist bruchlos, allerdings sind die Str. C 312–324 (fol. 138vb–139va) durch ein Verweiszeichen C, angebracht bei Str. C Wa 312, mit der später eingetragenen tongleichen Str. C Wa 363 (fol. 141vb) verbunden. Auch in Z bildet der Ton eine durchgehende Reihe. Ansätze zu Korpusprofilierungen aus Perspektive der ›Gespaltenen Weise‹ bietet Ley. Zu Athetesen und Versuchen der älteren Forschung, die als ›echt‹ erachteten Str. des Tons als Lied/Zyklus aufzufassen, vgl. zusammenfassend – die Überlieferung selbst gegen solche Konzeptionen ins Feld führend – Edwards.
Form: .6-a .6-a .7-a // .6-b .7c .6c .7-b // .6d .6d .7d
Eine besondere symmetrische Form der Kanzonenstrophe, bei der die beiden reihengereimten Stollen, die allerdings unterschiedlich kadenziert sind, den in der Mitte stehenden Abgesang umarmen. Der Mittelteil nimmt den metrischen Bau beider Stollen auf und ist umarmend gereimt, aber überkreuz metrisiert. Wapnewski hat den Bau des Tons als »Triptychon« bezeichnet und dabei u. a. versucht nachzuweisen, dass der formalen Gliederung auch eine analoge Strukturierung auf Inhaltsebene (eine »innere Syntax dieses Tons« (Wapnewski, S. 393)) entspreche. Das geht für Teile der Str. gut auf, für andere hingegen weniger, wie Wapnewski selbst einräumt, z. B. für C Wa 319 et al.: »Die […] Strophe weist keine zwingende Dreier-Struktur auf« (Wapnewski, S. 397). Dass die fehlende Dreigliederung dann vorsichtig als Argument für die Athetese von C Wa 319 et al. vorgeschlagen wird (unter der Voraussetzung: »Wenn die Dreier-Figur ein Prüfstein wäre«; Wapnewski, S. 398), versucht die Triptychon-These zu stärken, die jedoch schlichtweg nicht zu allen Str. des Tons passt: auch und vor allem nicht zu den als »unecht« bezeichneten Stücken (vgl. Wapnewski, S. 401f.), die wiederum in Ermangelung der Dreierstruktur in ihrer Unechtheit bestätigt seien – ein Zirkelschluss (vgl. dazu auch Edwards, bes. S. 146).
Bezeichnung: Die Tonbezeichnung ›Gespaltene Weise‹ ist historisch und findet sich am Beginn des Tonkorpus in k: her Walthers von der Vogelweyde gespalten wys (fol. 732ra). Daneben verwendet die Forschung aufgrund einiger an Friedrich II. gerichteter Str. die von der Überlieferung nicht gedeckte Bezeichnung ›König Friedrichs-Ton‹.
Melodie: k überliefert, obwohl die erste Str. des korpuseröffnenden Bars k Wa/GespaltW 1 2 3 unter Notenzeilen aufgeschrieben ist, anders als sonst keine Melodie. Wenngleich mehrere Melodien im hinteren Teil der Hs. nicht eingetragen wurden (das Korpus beginnt erst auf fol. 732ra), ist ihr Fehlen hier möglicherweise auch in Zusammenhang damit zu sehen, dass der Schreiber »mit der ungewöhnlichen Form dieses Tons […] nicht zurecht [kam]« (Brunner, S. 162, Anm. 319). Er hat den Text nämlich wie auch sonst bei stollig gebauten Kanzonenformen eingetragen: Das führt bei der ›Gespaltenen Weise‹ dazu, dass metrisch ungleiche Teile demselben Melodieteil zugeordnet werden hätten müssen.
Fragmentarisch ist eine Melodie zu diesem Ton in Z (an der Str. Z Wa 17) überliefert, und zwar zu den letzten drei Versen 8–10, also dem zweiten Stollen des Tons. Seibicke bietet neben einer neutralen Transkription der Melodie (S. 96) auch eine auf Grundlage seiner metrischen Untersuchungen zur ›Gespaltenen Weise‹ erarbeitete taktierte Übertragung (S. 108) der in Z überlieferten Melodie. Eine Transkription der Melodie, in der sie auf beide Stollen übertragen ist, bietet unter Aussparung des fehlenden Mittelteils Brunner, S. 59. Schon Gennrich, S. 215f., hatte für die, wenn auch unsichere, musikalische Gleichheit der beiden Stollen einerseits und des Mittelteils andererseits die Bezeichnung gespalten wys aus k ins Feld geführt. Auf dieser Grundlage gibt er den Bau des Tons – mit »leise[m] Zweifel« (ebd., S. 216) – an (nachfolgend auf die Melodie reduziert):
α β γ | δ ε | δ ε | α β γ
Sarah Hutterer
Incipit ![]() |
Hs. | Strophen ![]() |
Editionen ![]() |
C | 6 | KLD 10 IV; RSM ¹Schulm/4/1a |
Parallelüberlieferung mit anderer oder fehlender (Text-)Autorangabe |
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k | 7 8 9 | KLD 10 IV; RSM ¹WaltV/8/502a |