LDM -- Textsynopse

Ulrich von Singenberg, ›Frowe, selig vrowe‹

C Singenb 91 (90)

C Singenb 91 (90) = SMS 12 24 I

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 154vb

›[ini F|2|rot]r{ow|ouw}e, #s{e|æ}l{i|e}{g|c} vr{ow|ouw}e·!

vr{ow|ouw}e m{i|î}nes h#erze#n / #vn#d der #sinne gar·!

wen{d|t} ir, d#c ich #sch{o^v-/w|ouw}e·

lange#n k#vmb#er #vn#d {a|â}n alle vr{o^ei|öu}de _g|v_ar·,[[1=, Konjektur nach A]]

#s{o|ô} / #s{i|î}t #st{e|æ}te an der get{a|â}t·,

als ir mir lange¦h{a|â}#nt / get{a|â}n#·:

#seht, #s{o|ô}ne wirt {o^v|ou}ch niem#er #sorgen / #Zr{a|â}t·.‹ /

A Singenb 91

A Singenb 91 = SMS 12 24 I

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 19r

[[1 Paragraphenzeichen am Rand (Liedbeginn)]]›[ini F|2|blau]r{ow|ouw}e, #s{e|æ}l{i|e}c fr{ow|ouw}e!

fr{ow|ouw}e m{i|î}nes h#erzen #vn#d der #sin[[3 i¬sin~i = i¬sinne~i.]] gar·!

welt ir, d#c ich #sch{ow|ouw}e /

langen k#vmb#er #vn#d {a|â}ne alle vr{ei|öu}de var·,

#s{o|ô} #s{i|î}t #st{e|æ}te an d#er get{a|â}t,

al#se ir mir / lange[[1 i¬lange~i$ anschließend Zierstrich]] h{a|â}n_|t_[[1=, Konjektur nach C]] get{a|â}n:

#seht, #s{o|ô} wirt doch niem#er #sorgen r{a|â}t·.‹

C Singenb 92 (91)

C Singenb 92 (91) = SMS 12 24 II

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 154vb

›[ini S|2|rot]{i|î}t ir mich #s{o|ô} l{e|ê}ret·,

d#c ich #st{e|æ}-/te{k|c}l{i|î}che m{i|î}ner {e|ê}re#n pflege·,

des #s{i|î}t iem#er / ge{e|ê}ret·!

wol {o^v|ou}ch mich, d#c ir mich w{i|î}#set reh-/te wege·:

ir h{a|â}nt wol ger{a|â}te#n mir·.

#sw#er als / rehte r{a|â}te#n kan·,

dur des r{a|â}t ich g#erne #vnv{u^o|uo}-/ge enbir.‹ /

A Singenb 92

A Singenb 92 = SMS 12 24 II

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 19r

›[ini S|1|rot]{i|î}t ir mich #s{o|ô} _#s|l_{e|ê}ret,[[1=, Konjektur nach C]] /

d#c ich #st{e|æ}tecl{i|î}che m{i|î}ner {e|ê}ren pflege,

des #s{i|î}t iem#er g'{e|ê}ret!

wol {o|ou}ch mich, d#c ir / mir w{i|î}#se[mut r mut][ins t ins][[1 w{i|î}#se[mut r mut][ins t ins]$ i¬t~i gebessert aus i¬r~i]] rehte wege_t|_:[[1=, Konjektur nach C]]

ir h{a|â}nt wol ger{a|â}ten mir.

#swer al#se rehte r{a|â}ten kan, /

d#vr des r{a|â}t ich gerne #vnv{u^o|uo}ge enbir·.‹

C Singenb 93 (92)

III

C Singenb 93 (92) = SMS 12 24 III

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 154vb

›[ini I|2|rot][ini %R|1|rub] went[[3 i¬went~i = i¬wellent~i.]] mir v#erk{e|ê}re#n·,

#sw#c ich #singe #vn#d {o^v|ou}ch // ge#sage·: da#st[[3 i¬dast~i = i¬daz ist~i.]] {a|â}ne wer·.[[3 i¬dast âne wer~i ›dagegen kann man sich nicht zur Wehr setzen‹ (vgl. BMZ III, S. 510).]]

doch #sold ich {u^i|iu} l{e|ê}ren·, /

ich be#swu#nge[[3 i¬beswingen~i stV. ›peitschen‹ (vgl. Le I, Sp. 233).]] {u^i|iu}_ch|_ #s{o|ô} mit m{i|î}n#er r{u^o|uo}te#n ber·,[[3 i¬ber~i stF. ›Schlag‹ (vgl. Le I, Sp. 183).]] /

d#c ir h{o|ô}rtent m{i|î}ne klage·,

die ich n#v la#n-/ge_t|_[[1=, Konjektur nach A]] h{a|â}t geklaget

{#v|û}f w{i|î}{b|p}l{i|î}ch g{#v^e|üe}te m{i|î}-/ne tage#·.‹ /

A Singenb 93

III

A Singenb 93 = SMS 12 24 III

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 19r

›[ini I|1|blau]r welt mir v#erk{e|ê}ren,

#swaz ich #singe / #vn#d {o|ou}ch ge#sage: da#st[[3 i¬dast~i = i¬daz ist~i.]] {a|â}ne wer·.[[3 i¬dast âne wer~i ›dagegen kann man sich nicht zur Wehr setzen‹ (vgl. BMZ III, S. 510).]]

#sold doch ich {#v|iu}{ch|} l{e|ê}ren,

ich be#swung[[3 i¬beswingen~i stV. ›peitschen‹ (vgl. Le I, Sp. 233).]] {#v|iu}{ch|} #s{o|ô} mit m{i|î}/ner r{#v^o|uo}ten ber·,[[3 i¬ber~i stF. ›Schlag‹ (vgl. Le I, Sp. 183).]]

d#c ir h{o|ô}rtent m{i|î}ne {c|k}lage·,

die ich n#v lange h{a|â}n ge{c|k}laget

{#v|û}f w{i|î}p/l{i|î}ch g{#v^o|üe}te m{i|î}ne tage·.‹

C Singenb 94 (93)

C Singenb 94 (93) = SMS 12 24 IV

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 155ra

›[ini W|2|rot]e#st ich n#v de#n wille#n·,

wie ir wolte#nt vil-/len,[[3 i¬villen~i swV. ›blutig schlagen‹ (vgl. Le III, Sp. 350).]] al#s{o|ô}·[[1 Der Reimpunkt durch folgendes i¬v~i (i¬vilt~i) überschrieben.]] vilt {o^v|ou}ch ich·,

#sol ma#n kint #stil-/len·.

doch v#er#st{e|ê}n ich n#v alr{e|ê}r#st rehte mi{h|ch}·: /

ich bin #s{e|o}l{k|ch}er r{u^o|uo}te vr{i|î}·.

de#s lob ich got, d#c / e{s|z} #s{o|ô} #st{e|ê}·,

d#c ich no{h|ch} m{i|î}#n #selb#er vr{ow|ouw}e #s{i|î}·.‹ /

A Singenb 94

A Singenb 94 = SMS 12 24 IV

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 19r

›[ini W|1|rot]i{z|s}'[[2 i¬[ini W|1|rot]i{z|s}~i$ i¬Wiss~i SMS]][[3 Konj. Prät. in apokopierter Form mit verkürzter Geminata (i¬wisse~i).]] ich n#v den willen,

wie ir willen[[3 i¬willen~i$ i¬villen~i SMS nach C]][[3 Die Konjektur zu i¬villen~i swV. ›blutig schlagen‹ (vgl. Le III, Sp. 350) ist nicht nötig (›Wüsste ich den Willen, nämlich einen solchen Willen, wie ihr ihn wolltet‹), aber angesichts des aus Str. III weitergeführten Bilds vom Peitschenschlag (V. 5) naheliegend.]] woltent, al#s{o|ô} / wolt {o|ou}ch ich·,

#sol man kint #stillen.

doch v#er#st{e|ê}n[[2 i¬v#er#st{e|ê}n~i$ i¬verstên ich~i SMS nach C]][[3 Ergänze: ›ich‹. Zur Nichtbezeichnung des pronominalen Subjekts vgl. h¬25~hMhd. Gramm. § S 110.]] n#v alr{e|ê}#st rehte mich·:

ich bin / #s{e|o}lcher r{#v^o|uo}te vr{i|î}·.

des lobe ich got, d#c ez #s{o|ô} #st{e|ê},

d#c ich noch m{i|î}n #selber fr{ow|ouw}e #s{i|î}·.‹ /

C Singenb 95 (94)

C Singenb 95 (94) = SMS 12 24 V

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 155ra

›[ini S|2|rot]{e|æ}lde, #sch{o^e|œ}ne, g{#v^e|üe}te·

h{a|â}nt die mei#st#er#schaf[ho t ho] / #s{o|ô} #s{e|ê}re an {u^i|iu}ch geleit·,

d#c mich m{i|î}n ge-/m{#v^e|üe}te·

dar n_a|o_ch[[1=, Konjektur nach A]] d_i|a_r,[[1=, Konjektur nach A]] _vo|wa_#n[[1=, Konjektur nach A]] _|dar_[[1=, Konjektur nach A]][[3 ›nicht da- oder dorthin, sondern nur dahin (zu Euch)‹ SMS.]] #s{o|ô} #str{i|î}te{k|c}l{i|î}che#n treit·, /

d#c ich habe de#n #str{i|î}t v#erl{a|â}n·.[[3 i¬den strît verlân~i ›aufgeben‹ (vgl. Le III, Sp. 154).]]

{d|t}{#v^o|uo}t[[1 i¬d{#v^o|uo}t~i$ i¬#v~i gebessert aus i¬c~i?]] ir mir #sus, / t{u^o|uo}t ir mir #s{o|ô}·,

d#c hei{#s|z} ich do{h|ch} alle{#s|z} wol ge-/#Zt{a|â}n·.‹ /

A Singenb 95

A Singenb 95 = SMS 12 24 V

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 19r

›[ini S|2|blau]{e|æ}lde, #sch{o|œ}ne, g{#v^o|üe}te[[1 Umstellung mit Hinweiszeichen markiert: i¬⸍⸍g{#v^o|üe}te ⸍⸍#sch{o|œ}ne~i]]

h{a|â}nt die mei#ster#schaft vil gar an {#v|iu}ch geleit·,

d#c mich / m{i|î}n gem{#v^o|uo}te

dar noch dar, wan dar[[3 ›nicht da- oder dorthin, sondern nur dahin (zu Euch)‹ SMS.]] #s{o|ô} #str{i|î}tecl{i|î}chen treit·,

d#c ich h{a|â}n den / #str{i|î}t v#erl{a|â}n.[[3 i¬den strît verlân~i ›aufgeben‹ (vgl. Le III, Sp. 154).]]

t{#v^o|uo}t ir mir #s#v{z|s}, t{#v^o|uo}t ir mir #s{o|ô}·,

d#c heiz ich doch alle{s|z} wol get{a|â}n·.‹ /

Kommentar

Überlieferung: Das fünfstrophige Lied ist in A und C in derselben Strophenfolge nahezu wortgleich überliefert (vgl. aber die Abweichungen in I,7; II,3; IV,2; V,2).

Form: 3-a 6b / 3-a 6b // 4c .4x 5c

Kanzonenstrophe. Da in C nach der Waise V. 6 konsequent Reimpunkte gesetzt sind (mit III,6 als einziger Ausnahme), ist im metrischen Schema Waisenterzine angesetzt. Gegenüber den sonst auftaktlosen Versen ist die Reimwaise V. 6 durch einen Auftakt hervorgehoben (Ausnahme: C II,6). Mit Auftakt und unterfüllt ist AC III,7. Zu Hebungsprall kommt es in AC IV,3 und C IV,4. A IV,4 ist unterfüllt.

Inhalt: Dialoglied. Der Werber beginnt den Dialog: Die Dame solle in ihrem Verhalten stete (I,5) bleiben, wenn sie wolle, dass es ihm schlecht gehe (Str. I). Sie antwortet mit Dank für seinen guten Rat, der ihr den rechten Weg weise (Str. II), doch damit ›dreht sie ihm die Worte im Mund um‹ (III,1f.). Der Mann droht im Modus der Vorstellung mit Peitschenhieben, sollte sie nicht endlich auf sein Klagen reagieren (Str. III). Sie erwidert seine Drohgebärde: Mit solchen Hieben würde sie Kinder zum Schweigen bringen. Allerdings sei sie selker ruͦte frei (IV,5; Bezug auf die Drohung des Mannes?) und deshalb selbstbestimmt (IV,7). Str. V fügt sich nicht zur Haltung des Sprechers in Str. II: Als Bezwungener ordnet er sich der Dame völlig unter und will alles erdulden, was sie über ihn verhängt.

Sarah Hutterer