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Überlieferung: Das Lied ist unikal in C überliefert.
Form: .4a .4b .5c / .4a .4b .5c // 4d .5e 4d .5e .5e
Stollenstrophe. II,2 ist überfüllt, II,7 unterfüllt. Hebungsprall in II,5 und III,9.
Inhalt: Tagelied/Wächterlied.
Wie bei C Hadl 59–61, C Hadl 131–133 und C Hadl 189–191 handelt es sich hier um ein ›Wächterlied‹, also ein Tagelied, das wesentlich aus Sicht der Wächterfigur berichtet wird.
Unklar ist in diesem Lied, wer die Rolle des Erzählers ausfüllt. In Str. I wendet sich der Wächter direkt an die Liebenden und mahnt sie in einem didaktischen und sentenzhaften Duktus, den Tagesanbruch nicht zu versäumen.
Im ersten Vers von Str. II äußert sich erstmals der Erzähler. Gegen die Konventionen des Tagelieds nennt er sich in der ersten Person und zeigt sich als am berichteten Geschehen beteiligt. Das legt nahe, dass weiterhin der Wächter spricht, indem er in die Rolle des Erzählers schlüpft – der folgende Bericht ist so detailliert, dass der Wächter im Zimmer stehen müsste, um etwa die Tränen der Dame miterlebt zu haben (II,4). Sie entgegnet ihm, dass er nach Möglichkeit erst dann seinen Warngesang anstimmen solle, wenn der Tag auch wirklich ane zwivel (II,10) gekommen sei. Dass dieser Tag dem Liebespaar ze froͤide (II,6) hereingebrochen sei, ist schwer verständlich, hier ist eventuell die Konjektur zu ze fruo zu erwägen.
Nach der ›Lehrrede‹ des Wächters in Str. III meldet sich auch der Mann zu Wort und bittet die Frau mit dem Weinen aufzuhören und ihm noch einen Kuss mit auf den Weg zu geben. Die prinzipielle Einsichtigkeit des Liebespaars und die vertraut-lehrerhafte Rede schaffen ein harmonisches Verhältnis der drei Figuren.
Zu dem komplexen Geflecht an Erzähler- und Wächterrollen vermerkt Philipowski: »Mir scheint, dass der Leser und Erzähler Hadlaub [...] Konstituenten und Spielregeln des Erzählens auslotet, indem er den Wächter, der eben noch mit dem Paar gesprochen hat, plötzlich auktorial erzählen lässt [...]« (S. 357f.), ähnlich spielerisch geht er mit dieser Liedgattung in C Hadl 189–191 um.
Björn Reich