LDM -- Textsynopse

Heinrich von Morungen, ›Swaz du̍ welt nach vreiden ie uf hohen muͦt gewarp‹

A Mor 27

A Mor 27 = SMS 12 1 I

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 14v

[[1 Paragraphenzeichen am Rand (Liedbeginn)]][ini S|1|blau]waz d{#v^i|iu} welt n{a|â}ch vr{ei|öu}den ie {#v|û}f h{o|ô}hen m{#v^o|uo}t / gewarp,

#sine werb {o|ou}ch noch, d#c i#st al#s ein niht·. [[3 i¬sine ... noch~i: exzipierender Nebensatz (›wenn sie es nicht weiterhin tut‹).]]

wan daz nie gar ein / #senede leit an mir verdarp· [[3 ›Wäre es nicht so, dass mich noch niemals ein Liebeskummer verfehlt hat‹.]]

von maneger fremeder #vnge#schiht·, // _#schiht|_[[1=, Konjektur nach C]] [[3 i¬ungeschiht~i stF. ›Missgeschick‹ (Le II, Sp. 1865).]]

#s{o|ô} vund ich daz,

des ich mich noch vil wol ver<<w{e|æ}ne an m{i|î}nem m{#v^o|uo}te,

daz / ich mich nie gevr{e#v|öu}te baz,

ge#sch{e|æ}he {o|ou}ch mir vo#n der vil w#erde lebenden iht ze g{#v^o|uo}te·. /

C Singenb 17

C Singenb 17 = SMS 12 1 I

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 152ra

[ini S|2|rot]wa{s|z} d{u^i|iu} w#erlt n{a|â}ch fr{o^ei|öu}de#n ie / {#v|û}f h{o|ô}he#n m{#v^o|uo}t gewar{b|p}·,

#sine w#erbe {o^v|ou}ch / no{h|ch}, d#c i#st alle{s|z} ein [exp w exp][sup n sup]iht·. [[3 i¬sine ... noch~i: exzipierender Nebensatz (›wenn sie es nicht weiterhin tut‹).]]

wa#n d#c nie gar / ein #sende leit an mir v#erdar{b|p}· [[3 ›Wäre es nicht so, dass mich noch niemals ein Liebeskummer verfehlt hat‹.]]

vo#n ma#n{i|e}ger / fr{o^e|ö}mder #vnge#schiht·, [[3 i¬ungeschiht~i stF. ›Missgeschick‹ (vgl. Le II, Sp. 1865).]]

#s{o|ô} f#vnde ich d#c·,

des / ich mich no{h|ch} wol v#erw{e|æ}ne an m{i|î}ne#m m{#v^o|uo}te·, /

d#c ich mich nie gefr{o^ei|öu}te ba{s|z}·,

ge#s_|chæ_he[[1=, Konjektur nach A]] {o^v|ou}ch / mir vo#n der vil w#erde lebe#nde_|n_[[1=, Konjektur nach A]] iht ze>>g{#v^o|uo}te·. /

A Mor 28

A Mor 28 = SMS 12 1 II

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 15r

[ini W|2|rot]ol gedingen #vn#d iedoch niht volle wol geleben,

#s{o|ô} vurhte ich vil l{i|î}hte ein / ende nemen·.

der #selbe tr{o|ô}#st i#st mir ze m{i|î}ner n{o|ô}t gegeben.

#sol daz der lie/ben wol gezemen·,

#s{o|ô} wundert mich.

#sol ich zw{i|î}vell{i|î}cher vr{ei|öu}de an #si gedin/gen,

#s{o|ô} #sol #si baz bedenken #sich:

ich enk{#v^i|ü}nde von den m{e|æ}ren niem#er g{#v^o|uo}tes niht / ge#singen·.

C Singenb 18

C Singenb 18 = SMS 12 1 II

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 152ra

[ini W|2|rot]ol gedinge#n #vn#d ie<<do{h|ch} niht volle#n wol / gelebe#n·,

#s{o|ô} f{u^i|ü}rhte ich vil¦l{i|î}hte ei#n en-/de neme#n·.

d#er #selbe tr{o|ô}#st i#st mir ze m{i|î}ner / no^^t gegeben·.

#sol d#c d#er liebe#n wol gezeme#n·, /

#s{o|ô} wu#ndert mich·.

#sol ich zw{i|î}#uell{i|î}ch#er fr{o^ei|öu}-/de an #si gedi#ngen·,

#s{o|ô} #sol #si b#c bedenke#n #sich·: /

ich enk#vnde vo#n de#n m{#e|æ}ren [[1 i¬m{#e|æ}ren~i$ Zirkumflex neben der Abbreviatur]] niem#er g{u^o|uo}tes [del [exp n exp] del] / niht ge#singen·. /

* * *

A Mor 29

III

A Mor 29 = SMS 12 1 III

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 15r

›[ini S|1|blau]wer z{#v|ü}rnet #s{o|ô}, d#c er g{a|â}t v{u|ü}r die {e|ê}re #s{i|î}n·,

d#er {#v|ü}b#er<<#siht den w{i|î}#sen / r{a|â}t·.

#solde {#vw|iuw}er diene#st verlorn an mir einer #s{i|î}n,

#s{o|ô} w{e|æ}re {o|ou}ch daz ein mi#s#se/t{a|â}t·.

verg{e|æ}{zz|z}et ir

d#vr d#c eine der v{u^o|uo}ge, obe ich an {#v|iu}{ch|} v{u^o|uo}ge t{e|æ}te, [[2 i¬d#c eine~i$ i¬daz~i SMS]][[2 i¬v{u^o|uo}ge~i$ i¬unvuoge~i SMS]]

#s{o|ô} w{e|æ}re, ich / w{e|æ}ne, bezzer mir·,

ich h{e|æ}t {#v|iu}ch liep, danne ich den haz von #sch#vlden {#v|û}f mir / #Zh{e|æ}te·.‹ /

C Singenb 19

III

C Singenb 19 = SMS 12 1 III

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 152ra

›[ini S|2|blau]wer z{u^i|ü}rnet #s{o|ô}, d#c e{s|z} g{a|â}t v{u^i|ü}r die / {e|ê}re hin·,[[1 Die Str. ist durch abweichende Lombardenfarbe von den tongleichen Strn. C Singenb 17f. abgetrennt. Die Formgleichheit, der Sinnzusammenhang und die parallele Überlieferung eines ebenfalls dreistrophigen Lieds in A (Mor 27–29) legen aber nahe, auch hier die Str. als dem Lied zugehörig aufzufassen.]]

d#er {#v|ü}b#er#siht d#er w{i|î}#se#n r{a|â}t·.

#sol {u^i-/w|iuw}er dien#st v#erlorn an mir eine#n #s{i|î}n·,

#s{o|ô} w{#e|æ}re / {o^v|ou}ch d#c ei#n mi#s#set{a|â}t·.

v#erg{e^^|æ}{#s#s|z}et ir

dur d#c ei-/ne d#er v{u^o|uo}ge, ob ich an i#v eine v{u^o|uo}ge t{e|æ}te·, [[2 i¬d#c ei-/ne~i$ i¬daz~i SMS]][[2 i¬vu^oge~i$ i¬unvuoge~i SMS]]

#s{o|ô}, / w{e|æ}ne ich, w{#e|æ}re be{#s#s|zz}er mir,

ich h{e|æ}te i#v_|ch_ lie{b|p}, / da#nne ich de#n haz vo#n #schulde#n {#v|û}f mir h{e|æ}te·.‹ /

Kommentar

Überlieferung: Das dreistrophige Lied ist in C unter Ulrich von Singenberg überliefert. In A beschließt es das Korpus Heinrichs von Morungen, das direkt vor dem Ulrich-Korpus steht (zu diesem Überlieferungsfehler vgl. Schiendorfer, S. 22). Die Strophenfolge ist in beiden Handschriften dieselbe und das Lied nahezu wortgleich überliefert (vgl. aber die Abweichungen I,2.6.8 und vor allem Str. III).

Form: .6a .4b / .6a .4b // .2c 6-d .4c .7-d

Kanzonenstrophe; tendentiell auftaktig. Auftaktlos ist (mit Ausnahme von A I) V. 6, AC III,6 überfüllt. Mehrfach ist von zweisilbigem Auftakt auszugehen: AC I,1f.; II,1.8. AC III,3 kommt es wegen der synkopierten Form (verlorn) zu Hebungsprall.

Inhalt: Werbelied/Dialoglied. Str. I formuliert in einer verschachtelten konditionalen Fügung den Wunsch nach einer Zuwendung der Dame, die als Ziel am Ende der Strophe steht (I,8). Dass der Sprecher zwar wol hofft, aber nicht auch lebt, könne auch der Dame nicht recht sein (II,1f.). Drohend fordert er sie auf, ihre Meinung zu überdenken, denn sonst bleibe ihm nichts Gutes zu besingen (II,8). Während die beiden Männerstrophen I und II über die Dame in der dritten Person sprechen, wendet sich Str. III als Frauenrede direkt an das Gegenüber. Sie rät sentenzhaft vom Zorn ab (III,1f.) und erwägt dann (wie II,7 gefordert), tatsächlich Lohn für den Dienst zu gewähren, anstatt sich haz zuzuziehen.

Vergleichbar ist die Aufteilung der Sprechteile in A Singenb 1–3 et al., das inhaltlich geradezu antithetisch ist.

Sarah Hutterer