LDM -- Textsynopse

Heinrich von Veldeke, ›Die man sint nu niht fruͦt‹

C Veld 20

C Veld 20 = MF 61,25

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 31ra

[ini D|2|rot]ie man #sint n#v niht fr{u^o|uo}t·,[[1 Gleiche Initialfarbe wie die vorausgegangene Strophe und die zwei folgenden.]]

wan[[3 i¬wan~i$ hier kausal.]] #si die / fr{ow|ouw}en #schelten·;

{o^v|ou}ch #sint #si d{a|â} wider- / g{#v^o|uo}t·[[3-4 ›Dagegen sind die Frauen jedoch gut, wenn sie ihnen das nicht einfach vergelten‹.]],

da{s|z} #si in e{s|z} niht wol vergelten·.

#sw#er / da{s|z} #schiltet, der t{#v^o|uo}{s|z}·[[3-8 Mögliche Bedeutung: ›Wer das tadelt, der macht das halt. Um sich davor zu bewahren, prüft er die Gerüchte (selbst); diese bringen nie Gutes‹. Die Verse sind unterschiedlich verstanden worden (s. Apparateintrag der Parallelüberlieferung).]].

d{a|â} er #sich b{i|î} genern / m{#v^o|uo}{s|z}·,

der pr{u^e|üe}fet melden;

die ged{i|î}hent #selte#n·. /

B Veld 20

B Veld 20 = MF 61,25

Überlieferung: Stuttgart, LB, HB XIII 1, pag. 55

[ini D|1|rot]ie man #sint n#v niht fr{#v^o|uo}t·,

wan [[3 i¬wan~i$ hier kausal.]]#s{#v^i|ie}[[5-4 i¬siu~i ist Ausdehnung der Pl. Neutr.-Form auf den Pl. Mask. Fem. im Alem. und Bair. (h¬25~hMhd. Gramm. § M 41, Anm. 2).]] die vr{ow|ouw}e#n #schel-/ten·;

{o^v|ou}ch #sint #s{#v^i|ie} d{a|â} wid#er g{#v^o|uo}t[[3-4 ›Dagegen sind die Frauen jedoch gut, wenn sie ihnen das nicht einfach vergelten‹.]]·,

da{s|z} #s{#v^i|ie} in e{s|z} niht wol ver-/gelten·.

#swer da{s|z} #schiltet, d#er mi#s#set{#v^o|uo}t·.[[3-8 Mögliche Bedeutung: ›Wer das tadelt, der handelt falsch. Um sich davor zu bewahren, prüft er die Gerüchte selbst; diese bringen nie Gutes‹. Die Verse sind unterschiedlich verstanden worden: »Wer das schilt, was zu seiner Existenz gehört (d. h. die Frauen = V. 26 [hier V. 2]), der handelt verkehrt, wie einer, der sich selbst anklagt« ({MF/V #199}, S. 339); »Wer das schilt, der handelt falsch. Wer sich davor schützen muß, der prüft Gerüchte selbst, die bringen selten Gutes« ({Schweikle #2760}); »Wer das tadelt, der handelt falsch, da dies doch gut für ihn ist. Er stiftet selber Verleumdungen an, die nie Gutes bringen« ({Kasten #8}, S. 95).]]

d{a|â} er #sich b{i|î} ge-/nern m{#v^o|uo}{s|z}[[3 Das Reimschema erfordert die Realisierung des Reimworts mit abschließendem Dental (vgl. zu unverschobenen Dentalen h¬25~hMhd. Gramm § L 61, Anm. 1, sowie § 112,1).]]·,

der br{#v^e|üe}vet #selbe melden·;

die ged{i|î}hent / #Z#sel{d|t}en·. /

Kommentar

Überlieferung: Die Strophe ist mit geringen Abweichungen in BC im Korpus Heinrichs von Veldeke überliefert. In C ist sie mit C 19 und C 21–22 durch die gleiche Initialfärbung in einen Strophenzusammenhang gestellt.

Form: .3a .3-b / .3a .3-b // 4a .4a .3-b 3-b

Mit einigen enklitischen Pronomina in V. 3 und 4 lässt sich die Strophe als Stollenstrophe lesen. Der a-Reim, der nur in nd./mnl. Sprachstand rein ist, wurde im C-Überlieferungszweig zu zwei reinen Reimen umgebaut (ab ab / cc bb), obwohl dies die Bestrebung unterlaufen musste, die Strophen C 19–22 formal einheitlich zu gestalten.

Inhalt: Spruchhafte Warnung vor übler Nachrede.

Die Strophe warnt vor Gerüchten und übler Nachrede, richtet sich einerseits gegen jene Männer, die Frauen schelten (V. 2), und lobt andererseits die Frauen, die dieses Unrecht nicht (mit Gleichem) vergelten.

Sandra Hofert