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Otto von Botenlauben, ›Min arzat ist min munt‹
B Botenl 9
IB Botenl 9 = KLD 62 Ia
Überlieferung: Stuttgart, LB, HB XIII 1, pag. 25
* * *
B Botenl 10
IIB Botenl 10 = KLD 62 Ib
Überlieferung: Stuttgart, LB, HB XIII 1, pag. 25

Kommentar

Überlieferung: Zwei­strophiges Lied, das ohne größere Varianz zweimal, allerdings mit je verschiedener Zuschreibung überliefert ist: In B ist es Teil des Korpus von Otto von Botenlauben, während es in C unter Walther von Mezze eingereiht ist; es ist die einzige Überschneidung der beiden Autorenkorpora. Auffällig ist, dass das Lied einmal das Autorkorpus beschließt (B), einmal dieses eröffnet (C). Kornrumpf, S. 14 nimmt an, dass es in der Vorlage *BC/Vb vermutlich noch unter einer eigenen Überschrift gestanden war.

Form: Formal handelt es sich um eine Kanzonenstrophe mit dem Reimschema:

a b / a b // c d d c e e

Die Verszeilen sind allerdings in Str. I und II sehr unterschiedlich gefüllt, und auch die Kadenzen variieren.

Str. I: .3a 4b / 4a .3b // .4c 4-d .4-d 4c .4-e .4-e

Str. II: .3a .4-b / .4a 4-b // .4c .3d .5*6d .4c 4-e 5*6-e

Eklatant sind nicht nur die Abweichungen zwischen den Strophen; auch dass die Stollen innerhalb Str. I nicht baugleich sind, lässt daran zweifeln, ob das Lied in dieser Form sangbar ist. Carl von Kraus hat darum mit metrischen Besserungen (die weit über das philologisch vertretbare Maß hinausgehen) nicht gespart, um den Strophen eine einigermaßen einheitliche Form abzuringen; sie sind im Apparat nicht notiert, weil ihr heuristischer Wert gering und ihre Semantik fragwürdig ist. Dass die Strophen gemeinsam ein Lied bilden, scheint aber aufgrund des Reimschemas und der doch ähnlichen metrischen Gestalt nahe liegend; entsprechend hat schon der C-Schreiber die Zusammengehörigkeit durch gleiche Initialenfarbe markiert. Innerhalb der Überlieferung Ottos von Botenlauben sind solche metrischen Abweichungen zwischen Strophen und sogar Stollen keine Ausnahme.

Inhalt: Inhaltlich lassen sich die Strophen problemlos aufeinander beziehen, zumal íhr Schweigen in Str. I und dessen Konsequenz in Str. II dem Lied eine konzeptionelle Klammer verleihen. Im Übrigen bleibt das Lied aber dunkel, auch wenn man der sinnfälligeren B-Fassung (I,2, II,3) folgt. Dies liegt daran, dass das Sprecher-Ich sich ausschließlich in vagen Andeutungen ergeht und gerade an den entscheidenden Stellen des Liedes alles Konkrete meidet: In Str. I betrifft dies das wort, das das Ich von ihr zu hören hofft und das ihn gesund machte, in Str. II das Sitzen zwischen zwei Stühlen, die schwach bis unbestimmt bleiben.

Möglicherweise bildet die Varianz zwischen B und C genau diese Verwirrung ab, unter der dann auch schon die Schreiber gelitten hätten. Ob hinter *BC eine ›bessere‹, luzide Fassung steht (von Kraus stellt eine solche beispielsweise für I,1 her), was die formale und inhaltliche Opazität der Strophen zum Unfall der Überlieferungsgeschichte machte, oder ob gerade diese originär sei, lässt sich auf Basis der unsicheren Überlieferung (Varianz, Formdefekte) nicht entscheiden.

Florian Kragl

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