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Überlieferung: Die Strophen sind in BC im Korpus Heinrichs von Veldeke überliefert, wobei die ersten beiden Strophen die Position untereinander wechseln.
Form und Liedeinheit:
C: 4-a 4b 4-a / 4-a 4b 4-a // 4b 4-K 4b
In C liegen neunversige Stollenstrophen vor, die aus dreiversigen, terzinenartigen Einheiten aufgebaut sind. Unterfüllung in C I,6.
In C sind die Strophen durch die gleiche Initialfarbe als Einheit markiert; zudem ist (im Vergleich zu B) die Tendenz zur formalen Angleichung zu erkennen (vgl. z. B. B II / C I, V. 4f.). Gleichzeitig bilden die Waisen einen identischen Kornreim; der a-Reim in C III greift jenen aus C II auf.
Eine solche Anreimung und jener Kornreim lassen sich auch in B erkennen, doch weisen die Strophen dort deutlichere formale Unterschiede auf:
B I: 4-a 4b 4-a 3b 4-a 4b 4-a 4b 4-K 4b
(mit einer beschwerten Hebung in V. 4 auch als isometrisch vierhebige Strophe lesbar)
B II: 4-a 4b 4-a 4b 4-a 4-a 4b 4-K 4b bzw. 4-a 4b / 4-a 4b // 4-a 4-a 4b 4-K 4b
(wobei V. 9 nur unrein reimt)
B III = C
Insbesondere die variierende Verszahl (B I hat einen im Textvergleich mit C und durch die abweichende Taktzahl erkennbaren Zusatzvers) und das unterschiedliche Reimschema fallen auf. Ins Auge sticht auch, dass B I definitiv nicht, B III sehr leicht als Stollenstrophe deutbar ist. B II nimmt eine Mittelposition ein: Die Forderung nach zwei gleich gebauten Stollen, die sich vom Rest der Strophe abheben, ist in Metrum und Reim erfüllt, doch überspielen Isometrie und Reimbindung die Grenzen.
Cramer, S. 66f., argumentiert für ein die Einzelstrophen in B dennoch verbindendes Formprinzip. Von seinen Überlegungen ausgehend und unter Ausschluss des Zusatzverses in B I ließe sich die metrische Form der B-Strophen mit der Formel wiedergeben: 4-a 4b 4-a 4-a/b 4-a/b 4-a 4b 4-x 4b, wobei der 4. und 5. Vers von Cramer als »Symmetrieachse« (S. 66) bezeichnet werden. So vermutet Cramer eine »bewusste Manipulation« (S. 66) durch den B-Redaktor.
Ob die Strophen ursprünglich eine Einheit bildeten, die in B zerstört ist, oder ob die Strophen in C zu einer Toneinheit verbunden wurden, ist nicht zu entscheiden. Der Kornreim, die gemeinsame Überlieferung sowie die Parallelität von BC III sprechen für Ersteres. Schweikle geht dagegen von drei ursprünglichen Einzelstrophen aus, die »nachträglich zu einem Lied zusammengefaßt wurden« (S. 434).
In den Editionen werden die Strophen als Lied zusammengefasst, wobei die Strophenreihenfolge unterschiedlich aufgefasst wird: MF/LH, MF/V sowie MF/K setzen den Beginn nach B, vertauschen dann aber die beiden folgenden Strophen. MF/MT orientiert sich an B, wofür auch Ipsen, S. 391, plädiert; Schweikle dagegen folgt C.
Inhalt: Minnefreuden mit Naturbildlichkeit.
B I / C II, die inhaltliche und formale Parallelen zu BC Veld 15 aufweist (vgl. Lieb, S. 44f.), steht in B als Natureingang zu Beginn: Wenn die Amseln liebu̍ mere (C II,6) bringen, soll auch der wahrhaft Minnende seine Stimme erheben und Gott danken. Dabei wird durch die Varianz im ersten Vers (vor C; von B) in C die Prozesshaftigkeit vom Herannahen des Sommers stärker betont [›In den Zeiten (Frühling) vor der Jahreszeit, in der die Tage lang sind (Sommer)‹ C; ›In der Jahreszeit, in der die Tage lang sind‹ B]. Zudem wird in B die rehte minne eng mit dem Moment der Zwanglosigkeit in Verbindung gebracht (ane twang, B I,10); in C steht die Beständigkeit im Zentrum (ane wanc, C II,9).
In B schließt sich jene Strophe an, die in C das Lied eröffnet und in der das Ich sich gegenüber den Neidern abgrenzt und sich – rückerinnernd an das im Minnedienst lange ertragene Leid – zu den Fröhlichen zählt.
Dieser Kontrast von Damals und Jetzt bestimmt auch die letzte Strophe: Sein kummerreiches Minnewerben wurde erhört, und das Ich bejubelt seine Freude.
Sandra Hofert