LDM -- Strophensynopse

Albrecht von Johannsdorf, ›Die hinnen varn, die sagen, durch got‹

B Johd 9

B Johd 9 = MF 89,21

[ini D|1|rot]ie hinnen varn, die #sagen, d#vrch got·,

da{s|z} %#ier#v#sa-/lem, der r{ai|ei}nen #stat·, #vn#d {o|ou}ch dem lande#·

helfe noch nie / n{o^e|œ}ter wart·.

d{#v^i|iu} {c|k}lage wirt d#er t#vmbe_r|n_[[1=, Konjektur nach C]] #spot·.

die #spre-/chent alle: w{##e|æ}r es {#v^i|u}n#sere#m _|herren_[[1=, Konjektur nach C]] ande·,[[3 i¬ande~i Adj. ›schmerzlich‹ (Le I, Sp. 55).]]

er r{##e|æ}che e{s|z} {a|â}n ir al-/ler vart·.

n#v m#vgent #s{#v^i|iu} denken, da{s|z} er l{ai|ei}t den grim-//men t{o|ô}t·,[[3 i¬da{s|z} er l{ai|ei}t den grimmen t{o|ô}t·~i bezieht sich wie die i¬marter~i auf i¬#vnn{o|ô}t·~i (V. 8).]]

d#er gr{o|ô}{#s#s|z}en marter was ime {o^v|ou}ch vil gar #vnn{o|ô}t·. /

wan da{s|z} in erbarmet {#v^i|u}n#ser val·.[[3 i¬wan daz~i hier ›aber‹ (vgl. BMZ III, S. 479 zu i¬wan~i II.2).]]

#swen n#v #s{i|î}n cr{#v^i|iu}ce #vn#d / #s{i|î}n gra{b|p} niht wil erbarmen·,

da{s|z} #sint von ime die / #s{e|æ}lden armen·. /

B Johd 10

B Johd 10 = MF 89,32

[ini N|1|blau]#v wa{s|z} gel{o^v|ou}ben wil der h{a|â}n·

#vn#d wer #sol im ze helfe / komen an #s{i|î}ne#m ende·,

der go{tt|t}e wol h#vlfe #vn#d t{#v^o|uo}t e{s|z} / niht·?

als ich mich v#er#sinnen kan·,[[3 i¬sich versinnen~i stV. ›verstehen‹ (Le III, Sp. 229).]]

e{s|z} en#s{i|î} vil gar {ai|ei}n / {e|ê}haft[[3 i¬êhaft~i Adj. ›rechtsgültig‹ (Le I, Sp. 513).]] n{o|ô}t, d{#v^i|iu} in des wende·.[[3 i¬wenden~i swV. m. Gen. d. S. ›hindern‹ (Le III, Sp. 759).]]

ich w{##e|æ}ne, er e{s|z} {#v^i|ü}bel {#v^i|ü}ber/#siht·.[[3 i¬übersehen~i stV. ›gering achten, nicht beachten‹ (BMZ II, S. 278).]]

n#v l{a|â}t da{s|z} grap #vn#d {o^v|ou}ch da{s|z} cr{#v^i|iu}ce ger{#v^o|uo}wet ligen·. /

die h{ai|ei}den wellent {ai|ei}ner rede an {#v^i|u}ns ge#sigen·,

da{s|z} go{t-/t|t}es m{#v^o|uo}ter niht #s{i|î} {ai|ei}n maget·.

#swem di#s{#v^i|iu} rede niht n{a|â}-/he an #s{i|î}n h#erze vellet·,

{o|ô}w{e|ê}, war h{a|â}t #sich der ge#sellet! /

B Johd 11

III

B Johd 11 = MF 90,5

[[1 Zweizeiliges, rot umrandetes Loch im Pergament innen links.]] [ini M|1|rot]ich habe#nt die #sorge {#v|û}f da{s|z} braht·,

da{s|z} ich vil / gerne kranken m{#v^o|uo}t von mir vertr{i|î}be·.

des was / m{i|î}n h#erze her niht fr{i|î}·.

ich gedenke al#s{o|ô} vil man{i|e}ge naht·: /

wa{s|z} #sol ich wid#er got n#v t{#v^o|uo}n, ob ich bel{i|î}be·,[[3 i¬belîben~i stV. ›sterben‹ (BMZ I, S. 968 i¬belîbe~i 2).]]

da{s|z} er mir / gen{##e|æ}dig #s{i|î}·?

#s{o|ô} w{ai|ei}{s|z} ich niht vil gr{o|ô}{#s#s|z}e #sch#vlde, die ich / habe·,

n{#v^i|iu}wan {ai|ei}ne, d#er k#vme ich niem#er abe·.

alle #s{#v^i|ü}nde / lie{s|z} ich wol wan die·:

ich minne {ai|ei}n w{i|î}p vor al d#er welte / in m{i|î}ne#m m{#v^o|uo}te·.

got h#erre, da{s|z} ver<<v{a|â}ch ze g{#v^o|uo}te·! /

Kommentar

Überlieferung: Das dreistrophige Lied ist in B und C in nahezu identischer Gestalt überliefert (vgl. aber die Abweichungen in I,5 und II,6).

Form: .4a .6-b (.)4c / (.)4a .6-b (.)4c // (.)6d (.)6d .4x .6-e .4-e

Inhalt: Ins Heilige Land ziehen oder daheimbleiben? Diese Frage wird in den ersten beiden Strophen unter Rückgriff auf zeitgenössische theologische Argumente (Abgesang Str. I: der freiwillige Kreuzesstod Gottes erfordert eine entsprechende Gegengabe; Abgesang Str. II: allein die Leugnung der Jungfräulichkeit Marias durch die Heiden zwingt zum Handeln) eindeutig zugunsten des Kreuzzugs entschieden. Weniger eindeutig ist die dritte Strophe, in der das männliche Ich das Daheimbleiben (zu diesem Verständnis von III,5 belîben vgl. Fülleborn) zumindest vorübergehend in Erwägung zu ziehen scheint, um sich schließlich im vorletzten Vers – erst hier entpuppt sich das Lied als Minnekreuzlied! – zu seiner einzigen ›Sünde‹, der unverbrüchlichen Liebe zu seiner Dame zu bekennen.

Justin Vollmann