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Ulrich von Liechtenstein, ›Wol mich der sinne, die mir ie gerieten die lere‹ (C 55–59) Lied zurückLied vorDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Die ›Frauendienst‹-Handschrift L und das Ulrich von Liechtenstein-Korpus in C führen fünf Strophen parallel. Gegen diese Überlieferung schließen sich mit veränderter Strophenreihenfolge und metrischen Abweichungen die Überlieferung in A unter Niune und in C unter Heinrich von Veldeke zusammen, wobei der C-Schreiber das Lied mit nur vier Strophen am Ende des Veldeke-Korpus nachträgt (rubriziert von J5), aber in der Liedmitte Raum für die fehlende Strophe A III frei lässt.

Form: (.)2-a+.3-b / (.)2-a+.3-b // 2-b .2-c+.1-c+.1-b 2-d+.1-d+.1-b

Der Rhythmus ist daktylisch. Die Kanzone wird insofern überformt, als der b-Reim die gesamte Strophe durchgliedert (vgl. außerdem Braun, S. 407). In den Korpora A Niune und C Veldeke sind mehrere Verse um eine Hebung gekürzt. Parallel betrifft dies II,1 und A IV,2 / C III,2, dazu kommen C Veld I,5 und A Niune III,1f. Solche Unregelmäßigkeiten, die für die Überlieferung daktylischer Lieder typisch sind (vgl. von Kraus, S. 528, mit Bezug auf C), betreffen hier nur einen der beiden Überlieferungsstränge.

Inhalt: Das Preislied thematisiert in positiver Stimmung die Hoffnung, von der Geliebten erhört zu werden. Dabei mündet jede Strophe in eine Reihe laudativer Kennzeichnungen der Geliebten (z. B. L I,5: si reine, si sælich, si here, vgl. Hübner I, S. 271).

C Liechtenstein und L bieten die konventionellere Strophenfolge. Hier setzt das Lied mit dem frohen Preis der Geliebten ein (LC Liecht I). II und III thematisieren den Wunsch nach erfüllter Liebe: Die Geliebte möge nämlich das Ich und seinen Dienst (den Minnesang) bedenken (C Liecht II,2), wobei dieser eigene Sang in III mit einer Referenz auf Tristan und Isolde poetisch angereichert wird. IV und V heben die Beständigkeit des Ichs hervor, und zwar IV mit einem erneuten Hinweis auf das eigene Singen, während das Ich in V die Hoffnung ausdrückt, Liebesfreude zu erfahren, bevor es altersgrau ist.

Die Reihenfolge in C Veldeke und A ist nicht weniger plausibel (von Kraus, S. 531, spricht dagegen von »falsche[r] Strophenordnung«). Dieser Überlieferungsstrang stellt die beiden Ich-bezogenen Strophen an den Anfang: Das Ich verweist auf den eigenen Gesang und stellt seine Beständigkeit heraus (vgl. LC Liecht II), was seinen Wunsch nach erfüllter Liebe unterstützt (vgl. LC Liecht IV). In A führt die anschließende Strophe die Themen ›Beständigkeit des Ichs‹ und ›Wunsch nach erfüllter Liebe‹ zusammen (vgl. LC Liecht V); diese Strophe fehlt in C Veldeke. Es folgt in beiden Korpora der frohe Preis der Geliebten (vgl. LC Liecht I), der den erneuten Wunsch nach erfüllter Liebe, diesmal mit Tristan-Referenz, motiviert (vgl. LC Liecht III).

Simone Leidinger

Kommentar veröffentlicht am 01.01.2019; zuletzt geändert am 18.06.2021.
Gehört zur Anthologie: Minne- bzw. Werbelied
 C Liecht 55 (54) = KLD 58 XII 1Zitieren
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Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 239rb
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