Überlieferung: Der Ton ist sehr variantenreich überliefert; unter den fünf Aufzeichnungen scheinen keine zwei näher miteinander verwandt zu sein. Während die Lieder in den Fassungen von B (3-strophig) und C (4-strophig) sich immerhin drei Strophen teilen und somit einen sehr ähnlichen Zuschnitt zeigen, gibt die Überlieferung in der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift (A) einige Rätsel auf. Dort ist eine Strophe (diejenige, die B gegenüber C fehlt) allein für sich im Gedrut-Korpus überliefert. Der erste Nachtrag in A, der auch sonst Rubin-Lieder enthält, beginnt mit sieben Strophen dieses Tons (A Namenl 1–7) und damit allen Strophen, die überhaupt bezeugt sind. Von zwei jüngeren Händen sind am Ende der Nachträge noch einmal drei Strophen notiert (A Namenl 59–61), die zwar Duplikate zum ersten Nachtrag darstellen, aber nicht von dort abgeschrieben sind, da sie textlich deutlich differieren.
Zupitza und von Kraus haben die Strophen des Tons auf zwei Lieder aufgeteilt (A Namenl 1–3 und 4–7); die Überlieferung gibt dafür nur den schwachen Anhaltspunkt, dass in A bei den Str. I und IV – im Gegensatz zu den restlichen Strophen, die mit einer normalen Majuskel beginnen – Raum für eine (farbige) Initiale gelassen wurde. Zum Phänomen des ›gespaltenen Tons‹ vgl. Blank, S. 68f.; Kaiser, S. 31–37; Tervooren, S. 77.
Form: In metrischer Hinsicht ist der sechszeilige Aufgesang der Stollenstrophe ohne merkliche Abweichungen zwischen den Versionen überliefert. Der Abgesang ist dagegen von den Redaktoren/Schreibern bzw. ihren Vorgängern verschieden interpretiert worden:
B präsentiert eine Fassung, in der die überwiegend auftaktlosen weiblichen V. 7, 9 und 11 identische 5-Heber (oder klingende 6-Heber) sind: .4a .3-b .4c / .4a .3-b .4c // 5-d .4e 5-d .4e 5-d .4e, so dass der Abgesang aus der dreifachen Repetition des Verspaars 5-d .4e besteht. Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass dies aus einer sekundären Angleichung resultiert, zumal die betroffenen vorletzten Verse der Strophen so wirken, als seien sie eher in B aufgefüllt als in A und C gekürzt.
In A ist dagegen V. 11 um einen Takt kürzer als als V. 7 und 9: .4a .3-b .4c / .4a .3-b .4c // 5-d .4e (.)5-d .4e .4-d .4e – hier neigen nur die V. 7 und 9 zur Auftaktlosigkeit.
In C schließlich scheint die Tendenz zur (auftakthaltigen) Vierhebigkeit außer V. 11 auch die V. 7 und 9 zu umgreifen: .4a .3-b .4c / .4a .3-b .4c // .4-/5-d .4e .4-/5-d .4e .4-d .4e – die einzigen klar fünfhebigen (bzw. klingend sechshebigen) Verse sind C II,7 und IV,9. Im Aufgesang ist IV,5 um eine Hebung zu lang.
Inhalt: Die allein in A überlieferte Str. I wirkt wie eine Prologstrophe, die ein ganz neuartiges Singen ankündigt (singen ich des ich nie began) und dafür zur Bedingung macht, dass die (personifizierte) Minne dem Sänger zu Frohsinn verhelfen solle. Die folgende – bzw. in C und A Gedr erste – Strophe macht das Singen ganz ähnlich von hochgemüete abhängig und entwirft einen Kontrast zwischen einem Früher und dem Jetzt, in dem die leide huote und die froͤidelosen das Sagen haben. A spielt in den drei ersten Strophen drei Modalitäten des erstrebten Frohwerdens durch: Bitte (nu helfent), Hoffnung (wan, trost) und Phantasie (wünschen). Die Phantasie ist es auch, die in der breit überlieferten Strophe A III die körperliche Erfüllung dezent bebildert. Die Strophen A V–VII benennen dagegen dreimal die Befürchtung, die Freude zu verlieren. Generell teilen die Strophen A IV–VII eine stärker auf Herrschaft, Zwang und Dienst/Vasallität gestimmte Begrifflichkeit.
Sonja Glauch
A Gedr 12 = KLD 47 II A 2Zitieren | |||
Kleine Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, UB, cpg 357), fol. 25r | |||
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