Die neunte Lage (p. 181–204) der Handschrift B enthält eine Reihe von Liedern, die nicht so sehr durch die äußere Erscheinung und das Layout als vielmehr durch die Quellensituation und den inhaltlichen Zuschnitt als Nachtrag kenntlich werden. Die ersten 58 Strophen sind noch von der Hand des ersten Schreibers eingetragen, danach folgen ab p. 198 Str. 59–82 von einer zweiten Schreiberhand. Autorbild und Überschrift fehlen, auch wenn die freigelassene und linierte erste Seite möglicherweise für ein Autorbild reserviert war (so Kornrumpf, Sp. 811).
Bei den zwölf Liedern handelt es sich überwiegend um sonst in Neidhart-Sammlungen überlieferte Lieder; nur eines (B 30–34) ist anderweitig Konrad von Kirchberg zugeschrieben. B 52–58 und 59–63 haben Parallelen in dem Liedkorpus, das in C den Namen Goeli trägt. Kein einziges der Lieder ist im Neidhart-Korpus von C enthalten; folglich stammen diese Lieder sehr sicher nicht mehr aus der Vorlage *BC, sondern aus einer anderen Quelle. Sie bilden auch von den Liedtypen her eine Ergänzung des reduzierten Spektrums an Gattungen und Stiltendenzen, das den Grundstock von B bekanntlich charakterisiert (vgl. Holznagel, S. 128–130; Kornrumpf, Sp. 811). Für Kornrumpf (Sp. 813) »mutet« das Korpus »wie ein Vorläufer der großen Sammlung c des 15. Jh.s (Berlin, mgf 779) an«.
Sonja Glauch