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Gottfried von Neifen, ›Rife unde anehank‹
C
C Neif 125
IC Neif 125 = KLD 15 XXX 1
C Neif 126
IIC Neif 126 = KLD 15 XXX 2
C Neif 127
IIIC Neif 127 = KLD 15 XXX 3

Kommentar

Überlieferung: unikal in C.

Form: (.)3a .3-b 3-c .3d / 3a (.)3-b 3-c (.)3d // 3e 3-f (.)3e (.)3-f 7a

Dieses Schema der Str. II und III scheint hinsichtlich des Auftakts sehr frei zu sein. III,10/12 sind dreisilbig klingend, klingende Kadenz kann somit auch für II,10/12 angesetzt werden, für die Verse 2f. und 6f. ist sie möglich. Der Wechsel aus drei- und vierhebigen Versen würde im letzten Vers zusammengebracht, verdeutlicht durch den Hebungsprall zwischen dritter und vierter Hebung, der in II,13 (fu̍nf stunt) den Inhalt – die Schläge durch die Dame – betont.

Auftaktfreiheit ist für Gottfried ungewöhnlich. Dazu weicht in diesem Lied Str. I vom Schema ab: Die Kadenz in I,3/7 ist hier einsilbig voll und in den Versen I,2/6 liegt es nahe, eine beschwerte Hebung anzunehmen (auf heide und froͤiden), was bei klingender Kadenz (siehe oben zu Str. II und III) zu fünf Hebungen führen würde; I,11 (herzeleit) ist entweder unterfüllt und verderbt (vgl. die Konjektur durch von Kraus), oder arbeitet mit beschwerten Hebungen umso stärker dem stilistischen Umbruch mit I,12 zu; anstelle eines langen Verses mit Hebungsprall wie in Str. II und III könnte I,13 schlicht in zwei dreihebige Verse mit Auftakt aufgelöst werden (.3e .3a).

Insgesamt fällt die Strophenform folglich durch große Freiheiten auf (vgl. von Kraus, S. 129–131, zu den Versuchen, eine verbindliche Realisierung eines strikten Schemas vorzugeben).

Inhalt: Die sexuelle Metapher des zerbrochenen Krugs steht im Mittelpunkt dieser ersten von drei Pastourellen Gottfrieds. Komik zieht das Lied aus dem wiederholten semantischen, personellen und Handlungs-Kontrast zur Hohen Minne.

Der Winter-Natureingang, den das Ich mit seinem Liebesschmerz überbietet, ist gegliedert in visuelle Naturphänomene im ersten Stollen und akustische im zweiten. Die Semantik vom ›unbekleideten Wald‹ leitet über zum Liebesthema, nämlich zum herzeleit (I,12), das die Geliebte dem Ich zufügen kann. Die Konkretisierung der Geliebten als derjenigen, du̍ daz wasser in kruͤgen von dem brunnen treit (I,12f.), ist ein bewusster Stilbruch. Strophe II ist größtenteils im Erzählpräteritum gehalten, wobei die Zeitfolge zugunsten sprachlicher Parallelen gestört ist: Das Ich erzählt, wie es den Krug der Geliebten zerbrochen hat, was als sexuelle Metapher zum einen durch die Parallele zwischen dem Krugbrechen (II,1f.: Ich brach ... / do si ...) und der Freude des Ichs (II,3f.: ich wart ... / do ich) betont wird, zum anderen durch die Semantik: Ihr Krug bricht und seine Sorgen ›zerrinnen‹ (vgl. II,5f.). Die im Stil der Hohen Minne einsetzende Frauenrede (vgl. II,9f.) schlägt komisch um in die Klage des Mädchens, wegen des Ichs (vgl. II,13: dur u̍wern willen) von seiner Herrin fünf Mal geschlagen worden zu sein. In Str. III ist die Männerrede höfische Kontrastfolie für das Mädchen, das die Hilfe des Ichs hyperbolisch ablehnt: der Tod wäre ihr lieber. Die Begründung des Mädchens wiederholt den Stilbruch: Ihrer frowen minne (III,7) wird konkretisiert als Erwartung, von ihr Schulden beglichen zu bekommen – durch einen schilling [...] unde ein hemede (III,9f.). Mit der Hilfe, die die Frau abschließend dem Ich in Aussicht stellt, schließt das Lied zweideutig.

Simone Leidinger

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