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Ulrich von Liechtenstein, ›Frowe min, got gebe dir guͦten morgen‹ (C 217–221) Lied zurückLied vorDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: C und L überliefern das fünf­strophige Lied parallel. L V fügt der Strophenform zwei zusätzliche Verse an.

Form: 5-a 5b / 5-a 5b // 5-c 5-c 1d+.4d

C V,4 ist überfüllt. Die beiden Zusatzverse L V,8f. greifen auf das Schema des vorangehenden Verses zurück: 1d+.4d 1e+.4e.

Inhalt: Die Freudekanzone stellt die reziproke und enge Verbundenheit von Ich und Dame in den Mittelpunkt. Wie im voranstehenden Lied C Liecht 210–216 et al. ist auch hier eine durchgängige Herzmetaphorik prägend.

Mit I spricht das Ich die geliebte Dame an und wünscht ihr neben einem guͦten morgen und guͦten tag auch eine vil froͤideriche naht (C I,1f.). Dieser Tageliedanklang wird verstärkt durch den Kontext, einmal die glückliche Liebesbeziehung des ›Frauendienstes‹ in L, einmal das in C direkt voranstehende tageliedähnliche Lied C Liecht 210–216. Aus dem letzten Vers jenes Lieds übernimmt der Einstieg des vorliegenden Lieds zudem das Reimwort fro und das Adverb herzeklichen (C I,1). Das Ich macht in I die eigene Freude von derjenigen der Geliebten abhängig. Diese Verbundenheit setzt sich in II fort: Als Rätsel führt das Ich zunächst ein lieb der Dame ein (C II,1), das auch ihm das Liebste sei und das in II,5 als ihr eigener lip aufgelöst wird. Die Dame wird als herzen ku̍niginne apostrophiert (C II,6) – ihre Qualität (sie ist guͦt) hängt dabei daran, dass dem Ich ihr lip wol tut (L II,7). In III ist die gegenseitige Nähe als räumliche Verschachtelung mithilfe der Metapher der Dame im Herzen verbildlicht: Das Herz der Dame ist dem Ich nämlich genauso nah wie ihr selbst, da das Ich die Dame im Herzen trägt. Mit der Konjektur in C III,7 nach L (eigentlich daz si uns tweders nie vergas: die Dame vergisst das Ich und ihr eigenes Herz nicht), mit der das Herz der Dame sie selbst und das Ich (sin unser tweders) nicht vergisst, bleibt das Herz Akteur; vor allem wird jedoch die Anrede der Dame, im Lied sonst konsequent durchgehalten, nicht durch Rede über sie in der 3. Person durchbrochen. Auch in IV fallen Überlieferungsdivergenz und metonymische Bildlichkeit zusammen. Das Ich lobt zunächst nicht nur die Geliebte, sondern auch sich selbst, und zwar dafür, sie zu lieben; die Konjektur in C IV,3 macht deutlich, dass sich das Ich auf den lip der Dame im vorangehenden Vers bezieht. Die Strophe führt dann die räumliche Verschachtelung von Ich und Dame weiter. So trägt das Ich das Herz der Dame, wodurch beide geeret sind (C IV,6): in C IV,5, weil ihr Herz das Ich belehrt, während in L das Herz der Dame vom Ich belehrt wird – Letzteres ist eine sehr selbstbewusste Ich-Darstellung. Der Ausruf wol mich (C IV,7) bestärkt die Freude über den Dienst an der Dame, was zu V überleitet und der Hoffnung des Ichs, sich ins Herz der Dame zu dienen. Wird das Herz in C Liecht 207 als peradys bezeichnet, so ist es hier ein himelriche / [...], da nie mannes lip wart in verlan (C V,3f.). Beide Male ist das Herz Sitz der tugende (C V,5) der Geliebten. Das Ich begehrt (in C abschließend) Einlass ins Herz, was L in zwei zusätzlichen Versen aufgreift: Das Ich beteuert, dass die Erfüllung dieser Bitte beiden fruͦm (L V,9) wäre.

Simone Leidinger

Kommentar veröffentlicht am 01.01.2019; zuletzt geändert am 05.01.2019.
Gehört zur Anthologie: Minne- bzw. Werbelied
 C Liecht 217 (207) = KLD 58 XLII 1Zitieren
Digitalisat
Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 244ra
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