Autor
Der Dürner lässt sich weder sicher lokalisieren noch eindeutig mit einer historisch greifbaren Familie oder Person identifizieren. Bartsch, S. LXIV, ordnet ihn dem Freiburger Geschlecht der Turner zu, Grimme, S. 106f., widerspricht und bringt Argumente für eine Zugehörigkeit zur bürgerlichen Familie der Dürner (S. 108f.), die im württembergischen Mengen ansässig war und in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts urkundlich nachgewiesen werden kann (so auch Worstbrock, Sp. 248, und Malm, Sp. 480). Zwingend sind diese Argumente nicht.
Das sprechende Wappen der vom zweiten Nachtragsmaler stammenden Miniatur in C gibt ebenfalls keine Hinweise. Die Miniatur, eine der »rätselhaftesten Darstellungen der Handschrift« (Walther, S. 263), porträtiert den Dichter in einer ungewöhnlichen Turniersituation: Seine Dame hat dem Gegner kurz vor dem Aufeinandertreffen die Lanze abgenommen, hält ihn mit einer besänftigenden Geste zurück und unterbindet so den Kampf. Die Vermutung Walthers, es könnte sich bei der Dame eventuell auch um eine Turnierhelferin handeln, die »dem bereits entwaffneten Gegner eine neue Lanze reicht, damit er den Kampf fortführen kann« (S. 263), halte ich für wenig wahrscheinlich. Schildwappen und Helmzier des Dürners zeigen eine blaue, rot gedeckte Turmspitze mit Silberglöckchen. Das Wappen dürfte aus dem Namen Dürner (»Türmer«) abgeleitet sein und ist vermutlich ein Phantasiewappen (Grimme, S. 105); es zeigt keine Ähnlichkeit mit dem Wappen der Freiburger Familie Turner (ebd., S. 107; anders Bauschke-Hartung, S. 103).
Werk und Überlieferung
Vom Dürner ist lediglich ein fünfstrophiges Lied erhalten, das unikal in C überliefert ist (fol. 397v: Autorbild; fol. 398r: Text des Liedes, der Rest der Seite und die Rückseite des Blattes sind leer). Es wurde dort zusammen mit Œuvres von Dichtern aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts (die Datierungen sind sehr unsicher, vgl. Schweikle, Sp. 15) vom Schreiber ES als Nachtrag aufgezeichnet (dazu Henkes-Zin, S. 18f., 22f., 36; Holznagel, S. 158, 167–169).
Die Überlieferung sowie die sprachlich-stilistische wie inhaltliche Einordnung weisen auf eine Entstehung des Liedes im ausgehenden 13. Jahrhundert hin (von Kraus, S. 61). Da der Dürner zwar gängige Motive des späteren Minnesangs aufgreift, diesen aber in souveräner Beherrschung der äußeren Form eine durchaus eigenwillige Prägung gibt (siehe dazu den Liedkommentar) und zudem eine deutliche Nähe zu den Liedern Gottfrieds von Neifen (v. a. zu Ton XV) zeigt, wäre auch eine etwas frühere Datierung denkbar. Der Dürner stünde dann in der durchaus eigenständigen unmittelbaren Nachfolge Burkhards von Hohenfels und v. a. Gottfrieds von Neifen (vgl. Schanze, S. 466f.).
Christoph Schanze